Swiss erneut vor herausforderndem Sommer
Die beiden letzten Juni-Wochen will Swiss am liebsten vergessen. Noch vor dem Start der Sommerferien liessen externe Faktoren den Pünktlichkeitswert gegen Ende Monat auf 36,4 Prozent sinken. Ausschlaggebend dafür waren die in Zürich oft auftretende Bise (minus 35 Prozent Kapazität) oder der starke Westwind (minus 15 Prozent) und die Systemausfälle bei der Flugsicherung Skyguide. Gegenüber 2023 bietet Swiss 13 Prozent mehr Flüge an und hat im ersten Halbjahr 12 Prozent mehr Passagiere transportiert, dies bei einem 1,5 Prozent tieferen Sitzladefaktor und 25 Prozent (!) mehr Annullationen.
Trotzdem hat Swiss bis am 25. Juni eine Flugplanstabilität von 97,5 Prozent erreicht, etwa gleich viel wie 2023. Die Stabilität definiert sie mit der Anzahl stattgefundenen Flügen im Vergleich mit den vor zwölf Wochen publizierten Flügen. Auch die Abflugpünktlichkeit konnte mit 70 Prozent gegenüber 65 Prozent im 2023 verbessert werden. Einzig der Anteil verlorener Gepäckstücke sei mit 2,3 Prozent noch zu hoch, erwähnte Oliver Buchhofer. Dies rührt auch von Kinderkrankheiten der neuen Zürcher Gepäcksortieranlage her, aber diese sollten bald behoben sein.
Heike Birlenbach, Chief Commercial Officer und stellvertretende CEO bis am 1. Oktober der neue Swiss-CEO Jens Fehlinger startet, erwähnte, dass sich die Kundenanforderungen verändert hätten. Swiss stellt eine vermehrte digitale Affinität fest und dass die Swiss-App intensiv genutzt wird, pro Tag von 120’000 Kunden. Aber auch die Anfragen in den Kundencentern hätten zugenommen, so erhält Swiss täglich im Schnitt 5000 Anrufe. Dabei betrage die durchschnittliche Wartezeit aber nur 40 Sekunden. Beim schriftlichen Feedback konnte die Wartezeit auf drei Tage reduziert werden, so Heike Birlenbach.
Bei vielen Flugannullationen, verbunden mit vielen Umbuchungen droht dem Reservationssystem eine Überlastung. Auch deshalb führt Swiss mehr Optionen beim Kompensationssystem ein, so etwa Geld zurück, Umbuchungen, Meilengutschriften und anderes mehr. Von Januar bis Mai 2024 habe die allgemeine Kundenzufriedenheit 74 Prozent betragen, Ziel sei aber, über 80 Prozent zu erreichen, betonte Heike Birlenbach. Insgesamt investiert Swiss einen hohen zweistelligen Millionenbetrag, um den Kunden einen besseren Service zu bieten. So ist auch 30 Prozent mehr Personal während der Sommermonate im Einsatz, um im Fall von Unregelmässigkeiten mit den Kunden in Kontakt zu treten.
Unregelmässigkeiten wird es auch diesen Sommer geben. Swiss bietet diesen Sommer so viele Langstreckenflüge wie noch nie an – auch mehr als Swissair es je tat. Doch auf Kurz- und Mittelstrecken fallen bis zu 14 ihrer Flugzeuge aus – und zwar die modernsten, Airbusse A220 und A320neo. Sie stehen aufgrund der anhaltenden Probleme mit den Pratt&Whitney Geared-Turbo-Fan-Triebwerken am Boden. Sechs A320/321neo waren beispielsweise Anfang Juli nicht einsatzbereit. Oliver Buchhofer rechnet damit, dass diese unbefriedigende Situation mit den PW-Triebwerken noch bis 2026 anhält, doch man habe auch hier eine gewisse Stabilität erreicht. Zudem hat Swiss für etliche Flüge die Blockzeiten verlängert und mehr Pufferzeit eingebaut. Wichtig sei, dass die erste Welle morgens um 7 Uhr pünktlich abheben könne, ansonsten ziehen sich die Verspätungen den ganzen Tag durch.
Um die Flugsicherung bei Wetterveränderungen optimal beraten zu können, ist eigens ein zusätzlicher Meteorologe angestellt worden, der über einen direkten Draht in den Tower verfügt. Nur zwei bis drei Knoten Wind aus der falschen Richtung können bereits massive Verspätungen verursachen. So hofft die Swiss – wie viele andere wohl auch – endlich auf stabiles Sommerwetter. Hansjörg Bürgi