Dreiweglösung für nachhaltige Luftfahrtantriebe

13. November 2023: Gerne wird die Aviatik als einer der Klimakiller bezeichnet. Bei maximal drei Prozent, welche die Luftfahrt mit kohlenwasserstoffhaltigen Energieträgern wie Flugbenzin oder Kerosin und prozentual gleichhohem CO2-Ausstoss umsetzt, wird der Ruf nach nachhaltigen Alternativen konstant lauter. Und die Aviatik hat auch Lösungen für nachhaltige Antriebe.

Nun muss man aber als Motorflugpilot nicht gleich ein schlechtes Gewissen bekommen, auch wenn viele Flugmotoren teilweise auf Konstruktionen aus den 1940er-Jahren beruhen, wie etwa die noch immer im Einsatz befindlichen älteren Continentals oder Lycomings. Es waren besonders deutsche und österreichische Initiativen, die auf der einen Seite neue sparsame Dieselmotoren haben entstehen lassen und auf der anderen Seite die besonders in den Ultraleichtflugzeugen verbauten Rotax-Motoren.

Elektromotoren sind eigentlich eine simplere und ältere Erfindung als Kolbenmotoren. Heino Brditschka aus Österreich, damals erst 17 Jahre alt, hat Anfang der 1970er-Jahre nachweislich mit einem umgebauten Motorsegler einen ersten bemannten Elektroflug mit 9 Minuten und 15 Sekunden umgesetzt. Knappe zehn Jahre später, 1981 fand mit einem photovoltaikbestückten Elektroflugzeug eine Ärmelkanalüberquerung statt. Sein Konstrukteur: der ehemalige Segelflugweltmeister Paul Mc Cready. 1981 flog dann Deutschlands erstes Elektroflugzeug, das Elektro-Windspiel etwas über zwölf Minuten. Doch erst 1998 erhielt ein kleiner elektrischer Motorsegler (Silent AE-1) als erstes Serienflugzeug eine Musterzulassung. Der Stand der Technik von heute sind Elektromotoren und Batterien, die einige Entwicklungsjahrzehnte mit ungeheuren Entwicklungssprüngen hinter sich haben und den Elektroflug nicht nur als Experimentals haben stehen lassen. Seit Pipistrels Velis hat sich das grundlegend geändert. 2024 sind weitere Zulassungen zu erwarten.

Auf der Energieseite wurden die Nickel-Cadmium-Zellen sehr schnell durch Lithium-Zellen ersetzt. 250 Wh/kg sind der aktuelle Stand, doch andere Elektrolyte und andere Kathoden sind bereits schon wieder Ausgangslagen für sogenannte Festkörperzellen, nicht brennbar und ständig leichter werdend. Zielrichtung 500 bis 800 Wh/kg und mehr. Entwickler träumen von preiswerteren und leichter verfügbaren Batteriematerialien, jenseits von dem teuren Lithium.

Ganz entscheidend spiegelt sich die Entwicklung stets leichterer Elektromotoren wieder. Vergleicht man sie mit Verbrennern, schneiden die Verbrenner mit 0,5 KW/kg im Gegensatz zu Elektromotoren mit bis 10 kW/kg extrem schlecht ab (kryogengekühlte E-Motoren könne sogar bis zu 20 kW/kg schaffen). Dazu kommt, dass besonders effiziente Dieselmotoren einen Wirkungsgrad von nur maximal 45 Prozent erreichen. Ganz anders Elektromotoren, deren Wirkungsgrade bis zu 95 Prozent und mehr aufweisen. Empfindlichste Bauteile sind bei E-Motoren die Kugellager und die bestimmen somit auch die Lebensdauer eines solchen Motors. Das aber ein Mehrfaches gegenüber Kolbenmotoren. Zudem laufen Elektromotoren vibrationsfrei!

Aus heutiger Sicht sind der Elektroluftfahrt ausschliesslich mit Batterien noch Grenzen gesetzt. Ausgenommen sind hybride Systeme mit Kolbenmotoren und Wellenturbinen, die zeitweise Doppelfunktionen (Zusatzleistung über gemeinsame Welle und laden im Reiseflug- und Sinkflug) übernehmen sowie Brennstoffzellen. Auch Brennstoffzellensysteme sind in sich gesehen Hybridsysteme, da sie ihren Strom nicht direkt, sondern über Batterie-Puffer an die Elektromotoren abgeben. Da Wasserstoff ein sehr flüchtiges Verhalten besitzt, muss er entweder unter Druck in Tanks bis zu 700 bar gebändigt werden oder in Flüssigtanks, die mit etwa 5 bis 10 bar auskommen, aber auf minus 253 Grad runtergekühlt werden. Solche Tanks müssen so beschaffen sein, dass die Abdampfverluste nicht zu hoch werden.

Bestes und derzeit einziges Beispiel und Muster stellt die Sonderkonstruktion H4Y dar. Auf Basis zwei zusammengefügter Rumpf-Flügeleinheiten entstand beim DLR in Stuttgart die Idee für ein viersitziges Brennstoffzellen-Flugzeug, dass inzwischen von einem neugegründeten Unternehmen H2Fly am Stuttgarter Flughafen übernommen und weiterentwickelt wird. Die Produktion grünen Wasserstoffs setzt eine Elektrolyse voraus, wobei Strom zur Verfügung gestellt werden muss – ein ungleich aufwendigeres und teureres Verfahren, dass Stromproduktionen aus Wasserenergie, Wind oder Sonne voraussetzt. Aus heutiger Sicht wäre allerdings ein Brennstoffzellenbetrieb für Kleinflugzeuge wirtschaftlich noch nicht tragbar!

Steht der Wasserstoff einmal zur Verfügung, kann er auch direkt verbrannt werden. Dazu sind Kolbenmotoren ebenso geeignet wie auch Strahlturbinen. Beim Verbrennungsprozess blieben nur Wärme und Wasser im Gegensatz zu fossilen Brennstoffen übrig, wenn man vom NOx absieht. Diese Technologien stecken noch in den Kinderschuhen, sind aber experimentell bereits nachgewiesen. Jüngst hat Austro Engines, eine Tochtergesellschaft von Diamond Aircraft ein serienmässiges Dieseltriebwerk erfolgreich mithilfe der Wasserstoff-Direkteinspritzung auf dem Prüfstand testen können. Es soll eines der grossen Highlights der AERO 2024 werden, weil es damit sichergestellt wird, dass auch vorhandene Flugmotoren umgerüstet werden könnten.

Desgleichen ist von den grossen Triebwerkherstellern zu hören, dass man die ersten erfolgreichen Versuche mit der Wasserstoff-Direktverbrennung in Turbinen gefahren hat (so auch bei Rolls-Royce mit dem Pearl 700). Doch bis alle Triebwerke, die Elektromotoren ausgenommen, auf neue Technologien angepasst sind, werden weiterhin wie bisher, kohlenwasserstoffhaltige Treibstoffe verbrannt. Einzige Brückenlösung sind bis zur Verfügbarkeit grünen Wasserstoffs in großen Mengen synthetische Treibstoffe, die allerdings nur bedingt nachhaltig sind, weil sie auch wieder CO2 emittieren, CO2, welches zuvor aus Wasser Strom und Luft gewonnen wurde.  Hellmut Penner           

Im Innovationspark auf dem Flugplatz Dübendorf wurde kürzlich das Projekt des wasserstoffgetriebenen Lightwing AC4 vorgestellt. Foto Hellmut Penner

Im Innovationspark auf dem Flugplatz Dübendorf wurde kürzlich das Projekt des wasserstoffgetriebenen Lightwing AC4 vorgestellt. Foto Hellmut Penner

Im Innovationspark auf dem Flugplatz Dübendorf wurde kürzlich das Projekt des wasserstoffgetriebenen Lightwing AC4 vorgestellt. Foto Hellmut Penner

Auf Basis zwei zusammengefügter Rumpf-Flügeleinheiten entstand beim DLR in Stuttgart die Idee für ein viersitziges Brennstoffzellen-Flugzeug. Foto H2Fly