Weiterhin grosse Ungewissheit beim Flughafenprojekt in Samedan

06. Juli 2024: Die kürzliche Tagung der Flughafenkonferenz (FHK) der Infrastrukturunternehmung Regionalflughafen Samedan, als oberstes Organ, hat vornehmlich eines ans Licht gebracht, nämlich, dass eine zweckmässige Erneuerung der Infrastruktur des heutigen Engadin Airport weiterhin eine geraume Zeit auf sich warten lässt. Das sind keine guten Neuigkeiten für Europas höchstgelegenen Airport in dieser Grössenordung.

 

Zur Erinnerung: Per Volksabstimmung im Jahr 2017 in den zuständigen elf Gemeinden des damaligen Kreis Oberengadin wurden vom Souverän 22 Millionen Schweizer Franken für die Erneuerung und den Umbau des Flughafen Samedan freigegeben. Für den neutralen Beobachter steht ausser Zweifel, dass seither gearbeitet wurde, transparent und weniger transparent. Was hingegen aufschrecken lässt, ist erstens, dass weiterhin und dies nach sieben Jahren kein umsetzbares Projekt vorliegt und zweitens die Tatsache, dass sich per Ende 2023 die aufgelaufenen Projektkosten bereits auf 6,5 Millionen belaufen. Ein Grossteil davon – öffentliche Gelder notabene – müssen wertberichtigt werden und sind mit hoher Wahrscheinlichkeit verloren. All dies, bevor die erste Baumaschine aufgefahren ist. Und was an Projektarbeiten jemals verwendet werden kann, muss sich erst noch erweisen.

 

Im Romanischen gibt es bekanntlich kein Wort für Stress. Diesen Umstand dürften sich in den letzten Jahren verschiedene Protagonisten im Zusammenhang mit dem neuen Infrastrukturprojekt beim Flughafen Samedan zu Herzen genommen haben. Köpfe sind angetreten, Köpfe sind gerollt, ohne dass dabei auch nur die Einträge im Handelsregister angepasst wurden. Der Flughafenkonferenz (FHK) wurde in diesen Tagen sowohl der Bericht der Geschäftsprüfungskommission (GPK) wie auch ein von der Flughafenkonferenz in Auftrag gegebener, externer Untersuchungsbericht präsentiert. Beide brachten Unrühmliches zu Tage. Die Zitate der Schlagzeilen aus der „Engadiner Post“ lauten «Bericht kommt zum Schluss: Alle sind schuld an der Misere» und «Kollektives Versagen beim Flughafenprojekt». Die Organe haben schlicht nicht zusammen orchestriert. Von Seiten der GPK wurde nun gar ein Projektstopp empfohlen. Es ist also einiges schiefgelaufen, oder um es im aviatischen Jargon zu umschreiben «es wurde in den letzten sieben Jahren mehrfach die falsche Flugtaktik gewählt».

 

Die aktuellen Strukturen sind vorgegeben und werden vorerst nicht angezweifelt. So besteht die Infrastrukturunternehmung Regionalflughafen Samedan (Infra RFS) als öffentlich-rechtliche Anstalt der Oberengadiner Gemeinden. Die Flughafenkonferenz (FHK), bestehend aus Gemeindepräsidenten oder deren Vertretern ist auch für die Wahl der Mitglieder der Verwaltungskommission (VK Infra) und der Kontrollstelle sowie für die Abnahme des Budgets und der Jahresrechnung zuständig. Sie ist als oberstes Organ für sämtliche Gesamtabläufe verantwortlich. Die Verwaltungskommission (VK Infra) hat sich gemäss Statuten aus Aviatik- und Finanzexperten, Juristen und einem Vertreter der Standortgemeinde Samedan zusammenzusetzen. Als Vorsitzender der VK Infra zeichnet aktuell Dr. iur. Mario Cavigelli, langjähriger Regierungsrat des Kantons Graubünden und seines Zeichens ebenso Verwaltungsratspräsident der Rhätischen Bahn. Die strategisch eingesetzte Kommission ist für die Festlegung der Gesamtorganisation und die Unternehmenspolitik (Strategien und Ziele) zuständig. Als Kontrollorgan ist eine dreiköpfige Geschäftsprüfungskommission im Einsatz.

 

Wie geht es weiter? Die nächste Flughafenkonferenz (FHK) ist auf Mitte August 2024 anberaumt. Es dürfen eine Reaktion auf die Berichte und einige Konsequenzen daraus erwartet werden. Die FHK wird dringend und abschliessend über das Bauvorhaben der Rega befinden müssen. Die Umzäunung des Perimeters in Form eines «Engadinerzauns» (im Einklang mit Umwelt und Natur) soll unumgänglich sein. Für den erneuten Anlauf zum grossen Wurf für die Realisierung des Flughafenprojekt (es bedarf keines Schickimicki-Airports) wird für die Gemeinden die Erarbeitung eines Botschaftsprojektes mit anschliessender Volksabstimmung frühestens im Jahr 2025 unumgänglich sein.

 

Das will heissen, dass auch die Vergrösserung der Abstellflächen für die Flugzeuge, die Erneuerung von Hochbauten, eine zweite Intersection weiterhin warten müssen (letzteres wohl am meisten zur Freude der Spottercommunity). Manch einem Mitarbeitenden (es betrifft etwa 100 Menschen) wäre ein etwas zeitgemässeres Arbeitsplatzumfeld ebenso zu gönnen wie einem teuren Schneeräumungsfahrzeug ein Unterstand in einer geheizten Fahrzeughalle statt in einem temporären Aussenzelt. Anfliegende Fluggäste aus aller Herren Ländern müssen sich in der einst ausgerufenen «Top of the World-Destination» weiterhin auf ein dezentes Make-up bei den Infrastrukturen gedulden.

 

Fazit: Im Engadin geht die Gletscherschmelze um einiges rasanter voran als der Flughafenneubau. Nun müssen die volle Glaubwürdigkeit und das Vertrauen in den Regionalflughafen Samedan wieder hergestellt werden. Dazu kann nicht zuletzt die Engadin Airport AG (EAS) als Betreiberin des operativen Flugbetriebes viel beitragen. Laut übereinstimmenden Quellen tut sie dies sehr gut und wirtschaftlich erfolgreich.     Hansjörg Pfäffli

Auch in der Sommersaison ist der Engadin Airport für Businessjets eine beliebte Destination. Foto Hansjörg Pfäffli