Saab neu im „Team Tempest“

In der europäischen Kampfflugzeug-Industrie werden Weichen gestellt: Wie am Royal International Air Tattoo im britischen Fairford am 19. Mai bekannt gegeben wurde, ist der schwedische Flugzeugbauer Saab neu Teil des Tempest-Programms zur Entwicklung eines „Future Combat Air System“.

Zusammen mit der britischen Regierung hat der Technologiekonzern BAE Systems mit der Entwicklung von Technologien für ein zukünftiges Kampfflugzeug begonnen. In rund 20 Jahren soll ein Stealth-Fighter der neuesten Generation heutige Kampfflugzeuge wie den Eurofighter Typhoon ersetzen können. Neben der britischen BAE Systems waren bisher das Verteidigungsministerium Grossbritanniens, Rolls-Royce, Leonardo und MBDA Teil des „Team Tempest“.

Am 18. Juli haben nun die Regierungen von Schweden und Grossbritannien eine Absichtserklärung zur Zusammenarbeit bei einem „Future Combat Air System“ unterzeichnet. Saab teilte mit, dass man im Zusammenhang mit dem Tempest-Programm zwar noch keinen konkreten Entwicklungsauftrag erhalten habe, die Übereinkunft aber als Startpunkt für die gemeinsame Entwicklung von Technologien für ein zukünftiges Luftkampfsystem sehe. Saab weist auch auf Vorteile für die langfristige Weiterentwicklung von bestehenden Plattformen wie dem Gripen E hin.

Frankreich, Deutschland und seit kurzem Spanien arbeiten parallel an einem konkurrierenden Programm, das ebenfalls „Future Combat Air System FCAS“ genannt wird. Unter der Führung von Dassault soll ein Next Generation Fighter entwickelt werden.  Airbus hat die Federführung für zugehörige unbemannte Systeme und die sogenannte „Combat Cloud“. Diese umfasst  verschieden Systeme der Luftkriegsführung bis hin zu satellitengestützten Komponenten.

Damit gibt es in Europa erneut zwei konkurrierende Kampfflugzeugprogramme. Bereits in den 1970er / 80er-Jahren gelang es nicht, sich auf eine Entwicklung zu einigen. Während Grossbritannien, Deutschland, Italien und Spanien den Eurofighter Typhoon bauten und beschafften, setzte Frankreich auf seine Rafale und das neutrale Schweden blieb mit dem Saab Gripen Eigenproduktionen treu. Nun werden die Karten neu gemischt: Grossbritannien und Schweden verfolgen gemeinsam das Tempest-Programm, an dem mit Leonardo zumindest indirekt auch Italien beteiligt ist. Frankreich, Deutschland und Spanien dagegen wollen sich auf das FCAS konzentrieren. Vor allem das britisch geführte Tempest-Team betont immer wieder, das Programm sei offen für weitere Beteiligungen aus aller Welt.

Es bleibt spannend zu beobachten, ob sich die europäischen Staaten und führenden Aviation-Konzerne – wie von verschiedenen Seiten gefordert – auf ein Programm einigen werden, oder ob die Ressourcen für die Entwicklung von zwei sich konkurrierenden Systemen ausreichen. Aus Schweizer Sicht interessieren diese Bewegungen in der europäischen Kampfflugzeug-Industrie nicht zuletzt deshalb, weil sie einen Einfluss auf die langfristigen Perspektiven der europäischen Kandidaten für ein neues Schweizer Kampfflugzeug haben. Eugen Bürgler