Dornier 228 belastet RUAG-Jahresrechnung
06. Mai 2020: Bei der Dornier 228 hat RUAG International im 2019 Wertberichtigungen und Sonderabschreibungen von 58 Millionen Franken vorgenommen. Das Programm steht zum Verkauf. Insgesamt resultiert beim internationalen Technologiekonzern bei einem Umsatz von rund zwei Milliarden Franken ein Verlust von sieben Millionen, wie er heute mitteilt.
Im April 2019 hat RUAG MRO International die bislang letzte fabrikneue Dornier 228NG ausgeliefert. Sie ging an die japanische New Central Airservice, die insgesamt vier Do 228 für Inselflüge betreibt. Seither hat RUAG in Oberpfaffenhofen nur noch Unterhaltsarbeiten an verschiedenen Dornier 228 ausgeführt, aber keine neu mehr hergestellt. Insgesamt hat RUAG zwischen 2010 und 2019 nur ein gutes Dutzend neuer Do 228NG gebaut. Wie RUAG-Sprecher Clemens Gähwiler auf Anfrage erwähnte, sei man mit Interessenten in Kontakt, welche das Programm der Dornier 228 von RUAG übernehmen möchten. Auch für weitere Abteilungen sucht RUAG International Käufer, so für das Simulatortraining, RUAG Australien, den Business Aviation Unterhaltsbetrieb und auch für die militärische Maintenance in Oberpfaffenhofen.
Der internationale Technologiekonzern RUAG hat 2019 erstmals die Zwei-Milliarden-Umsatz-Grenze überschritten: Dem Umsatz von 2003 Millionen Franken (Vorjahr 1998 Millionen) steht jedoch ein Verlust vor Steuern und Zinsen von 7 Millionen (Vorjahr Gewinn 106 Millionen) gegenüber. Ausschlaggebend für das negative Betriebsergebnis seien die Kosten für die Entflechtung und der damit verbundene Entscheid, Teile der internationalen Aktivitäten zu verkaufen, teilte RUAG mit. Darin eingeschlossen sind auch die 58 Millionen Sonderaufwendungen für das Programm Dornier 228. Zudem mache der Umbau zu einem globalen Aerospace-Konzern mit dem Verkauf von Clearswift sowie zwei Schweizer Standorten für zivile Flugzeugwartung (Genf und Lugano) wichtige Fortschritte, so RUAG weiter.
Das operative Geschäft verlief 2019 in den Sparten unterschiedlich. RUAG Space, RUAG Ammotec und RUAG MRO Schweiz erzielten Gewinne. Die für den Verkauf vorgesehene Division RUAG MRO International sowie die Division RUAG Aerostructures schrieben jedoch aufgrund von Sonderaufwendungen Verluste. Im Geschäftsbereich Aerostructures zeigten die gestarteten Restrukturierungsprogramme Wirkung, so RUAG weiter. Die Division konnte den Umsatz dank des Single-Aisle-Programms von Airbus im 2019 um 12 Prozent (Vorjahr plus 5 Prozent) steigern. Wertberichtigungen und Restrukturierungskosten im Umfang von 10 Millionen, hauptsächlich bedingt durch das Ende des A380-Programms sowie Restrukturierungskosten für den Flugzeugstrukturbau in Emmen, belasten aber das Ergebnis. Dazu addieren sich negative Effekte aus der ordentlichen Neubewertung von Pensionskassenrückstellungen aufgrund des gesunkenen Zinsniveaus in Deutschland (RUAG Ammotec) und in Schweden (RUAG Space und RUAG Ammotec) von insgesamt 16 Millionen Franken.
Urs Kiener, CEO a.i., RUAG International, sagte: „Wir blicken auf ein anspruchsvolles Jahr zurück. Mit einer Nettofinanzposition von 237 Millionen verfügt RUAG zudem über eine stabile finanzielle Basis für die nächsten Schritte auf dem Weg zum Aerospace-Konzern.“ Die vom Bundesrat verlangte Entflechtung von RUAG wurde im Berichtsjahr mit Nachdruck vorangetrieben und RUAG MRO Schweiz hat den Betrieb als organisatorisch eigenständiges Unternehmen wie geplant am 1. Januar 2020 aufgenommen. Im Jahr 2019 sind Organisationsstrukturen für die neuen Einheiten aufgebaut und wichtige Rechtsträger wie die neue Dachgesellschaft BGRB-Holding unter dem Vorsitz von Monica Duca-Widmer gegründet worden.
Mit der Bilanzspaltung, die der Bundesrat am 22. April zur Kenntnis genommen habe und der Überführung der Informatik von RUAG MRO Schweiz in den Sicherheitsperimeter der Führungsunterstützungsbasis der Armee sei die Entflechtung per Mitte 2020 materiell abgeschlossen, heisst es in der Medienmitteilung. Ab diesem Zeitpunkt werden RUAG International und RUAG MRO Schweiz nicht nur operativ, sondern auch rechtlich unabhängig voneinander operieren.
Im Rahmen der Portfoliobereinigung werde für alle in RUAG MRO International zusammengefassten Geschäftseinheiten sowie RUAG Ammotec weiterhin ein Verkauf angestrebt. Für die laufende Transformation von RUAG International in einen globalen Aerospace-Konzern sucht der Verwaltungsrat zurzeit eine geeignete CEO-Nachfolge für Urs Breitmeier, der das Unternehmen Ende 2019 verlassen hat.
Der Verwaltungsrat beantragt keine Dividendenauszahlung an die Eidgenossenschaft. Diese lag im letzten Jahr bei CHF 30 Millionen. Die Aufwendungen für Forschung und Entwicklung belaufen sich auf 173 Millionen. Die Zahl der Vollzeitstellen sank per Ende Jahr auf 9091 von 9127. Einerseits nahmen die Stellen durch die erfolgten Devestitionen ab, andererseits führten die Umsatzzunahmen bei Aerostructures, Ammotec und RUAG MRO Schweiz zu einem Aufbau. Der Anteil der im zivilen Bereich erwirtschafteten Umsätze blieb im Berichtsjahr mit 56 Prozent genauso stabil wie der Auslandanteil (63 Prozent).
Der mit Abstand wichtigste Kunde war mit einem Umsatzanteil von 32 Prozent (Vorjahr 30 Prozent) das Eidgenössische Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS). In Zusammenarbeit mit der Schweizer Luftwaffe hat die RUAG AG mit den Arbeiten für den Aufbau eines neuen Standplatzes für den Flugzeugunterhalt auf dem Militärflugplatz Payerne begonnen. Die RUAG AG schafft dadurch in der Region zwölf neue Arbeitsplätze. Die Aufnahme des operativen Betriebes ist gegen Ende des ersten Quartals 2021 geplant. Ab dann führen die Mitarbeitenden der RUAG AG am Standort Payerne beim F/A-18 bis zu fünf grosse Kontrollen pro Jahr durch sowie Unterstützung bei kleinen Kontrollen. Der Endausbau des zweischichtigen Betriebs wird bis zum Ende des dritten Quartals 2021 erfolgen.
In den kommenden zwei bis drei Jahren stehen für RUAG zum einen die Transformation in einen globalen Aerospace-Konzern an – mit dem Verkauf der in MRO International zusammengefassten Geschäftseinheiten sowie RUAG Ammotec und der Verschlankung der Support-Funktionen beim Aerospace-Konzern – und zum anderen die Konsolidierung von RUAG MRO Schweiz im Zentrum. Die in 2020 weiterlaufenden Entflechtungs- und Transformationskosten sowie mögliche Auswirkungen der Coronakrise werden einen negativen Einfluss auf die Geschäftsergebnisse sowohl von RUAG International als auch RUAG MRO Schweiz haben, teilte RUAG weiter mit. hjb