Erste F-16 in der Ukraine – Vieles bleibt geheim
06. August 2024: Stolz hat die Ukraine mit Präsident Wolodimir Selenski an der Spitze am ukrainischen Tag der Luftstreitkräfte am 4. August die ersten F-16 Kampfflugzeuge mit ukrainischen Hoheitszeichen präsentiert. Vieles deutet darauf hin, dass erst wenige F-16 und vor allem ebensowenig für Kampfeinsätze ausreichend ausgebildete Piloten in der Ukraine sind, was die Möglichkeiten für Einsätze limitiert.
Zwischen 60 und 100 F-16 wurden der Ukraine bisher versprochen, etwa ein halbes Dutzend dürfte inzwischen in der Ukraine sein. Präsident Wolodimir Selenski sagte in seiner Rede vor den F-16, es seien noch nicht genügend Piloten ausgebildet. Besonders interessiert, mit welcher Bewaffnung die Ukraine ihre F-16 einsetzen kann – davon hängt ihre Wirkung wesentlich ab. Die veröffentlichten Bilder geben Hinweise dazu, mehr aber auch nicht. Die gezeigten F-16 haben neben Zusatztanks je zwei radargelenkte AIM-120 Amraam Luft-Luft-Lenkwaffen und zwei AIM-9L/M Sidewinder Luft-Luft-Lenkwaffen mit Infrarotsuchkopf getragen – zumindest auf den ersten Blick. Bei der gezeigten Amraam handelt es sich nicht um eine neue Version, sondern um die ältere AIM-120B – oder zumindest die Attrappe davon. Denn tatsächlich haben die F-16 sogenannte CATM-120 Übungslenkwaffen getragen. Auch die gezeigten Sidewinder gehören nicht zur neusten Generation dieser Lenkwaffe.
Ob die Ukraine mit diesen älteren Lenkwaffen auskommen muss, oder allenfalls auch AIM-120C und AIM-9X erhält, bleibt damit unklar, denn was öffentlich präsentiert wird, muss nicht mit dem übereinstimmen, was tatsächlich zum Einsatz kommt. Die allerneuste Amraam-Generation (AIM-120D) werden die USA kaum herausgeben. Doch gemäss offiziell nicht bestätigter Berichte könnte die Ukraine leistungsstärkere AIM-120-C7 oder -C8 (grössere Reichweite, bessere Zielerfassung, höhere Störresistenz) erhalten.
Die Analyse erster Bilder ukrainischer F-16 deuten darauf hin, dass es sich um ehemalige dänische F-16MLU Block 20 handelt. Die Pylone unter den Flügeln tragen nicht nur die Sidewinder-Lenkwaffen, es sind von der dänischen Terma und der israelischen Elbit entwickelte Pylone mit integriertem Selbstschutzsystem (PIDS+). Diese warnen vor gegnerischen Raketen und können Gegenmassnahmen auslösen.
Russland wird viel daran setzen, bald Bilder zerstörter F-16 zeigen zu können. Doch auch beim Betrachten dieser Bilder wird Vorsicht geboten sein. Die Ukraine hat längst auch damit begonnen, sehr realistisch aussehende F-16 Modelle in Originalgrösse, sogenannte Decoys, zu beschaffen. Es gibt sogar Zweifel, ob die am 4. August präsentierten Maschinen flugfähige Exemplare sind, oder nur Lockvögel, welche die russische Aufklärung täuschen sollen. Echt waren auf jeden Fall die beiden weiteren F-16, die im Flug gezeigt wurden. Eugen Bürgler
Mehr Hintergrundinformationen zum Thema Luftkrieg in der Ukraine finden Sie in der aktuellen Ausgabe des Schweizer Luftfahrtmagazins SkyNews.ch.