Flug in kritischem Wetter führte 2021 zum Mooney-Absturz am Gotthard
08. Juni 2024: Am 18. Juli 2021 stürzte die in Deutschland als D-EMPE registrierte Mooney M20J im Gotthardgebiet ab. Der Pilot, der sich alleine an Bord befunden hatte, wurde dabei getötet. Der gestern dazu veröffentlichten Unfallbericht der Schweizerische Sicherheitsuntersuchungsstelle SUST kommt zum Schluss, dass das Fortführen eines Sichtfluges in kritischen Wetterbedingungen am Alpenkamm zum Unfall führte.
Die deutsche Mooney startete um 15.33 Uhr auf dem Flugplatz Donaueschingen-Villingen in Süddeutschland zum Unfallflug, Ziel war Locarno, wo der Pilot für das Wochenende verabredet war. Den eigentlich schon für Samstag geplanten Flug hatte er wegen schlechten Wetters bereits auf Sonntag verschoben. Die Ortschaft Brunnen am Vierwaldstättersee überflog er gemäss SUST-Angaben auf einer Höhe von 5700 Fuss über Meer unterhalb einer geschlossenen Wolkendecke. Er stieg weiter Richtung Amsteg (7000 Fuss Höhe) und Andermatt (8600 Fuss). Die auf der ICAO-Luftfahrtkarte empfohlene Mindestflughöhe zum Überflug des Gotthardpasses beträgt 8200 Fuss über Meer. Bereits kurz vor Erreichen der Gotthard-Passhöhe drehte der Pilot auf 9200 Fuss Höhe leicht nach links ins Guspistal Richtung Pizzo Centrale. Es folgte eine leichte Rechtskurve und gemäss SUST-Unfallbericht ging das Flugzeug kurz darauf unvermittelt in eine starken Sinkflug mit Sinkraten bis 3000 Fuss pro Minute über. Um 16.16 Uhr kollidierte das Flugzeug unterhalb der Krete des Gloggentürmli im Kanton Uri mit dem Gelände. Der Pilot wurde dabei sofort getötet, das Flugzeug zerstört.
Laut SUST-Angaben hatte der Pilot seine fliegerische Ausbildung in Wangen-Lachen absolviert und war mit dem Fliegen im Gebirge vertraut. Als Eigner und Halter kannte er auch das Flugzeug gut. Schwierig waren am Unfalltag die Wetterbedingungen für einen tiefen Sichtflug über die Alpen. Gemäss SUST-Angaben dürfte die Bewölkung ab etwa Schwyz oberhalb von 2000 Metern über Meer nur wenige Lücken aufgewiesen haben. Die Streckenwettervorhersage (GAFOR) meldete für den Gotthard zur Unfallzeit «kritisch» (marginal). Auf sehr ungünstige Wetterbedingungen im Unfallgebiet deutet auch hin, dass die kurz nach dem Unfall gestarteten Rettungshelikopter der Rega-Basen Erstfeld (UR) und Locarno (TI) ihre Anflüge auf die Unfallstelle abbrechen mussten, für den Heli aus Norden war ab Göschenen, für den Heli aus dem Süden ab Airolo kein Durchkommen mehr unter Sichtflugbedingungen.
Die SUST hält fest, dass der Pilot im Steigflug Richtung Andermatt über eine kompakte Wolkenschicht, die Wolkenbasis gestiegen ist. Das Einfliegen ins Guspistal sei wohl damit zu erklären, dass die Sichtverhältnisse dort vorteilhafter erschienen. Laut SUST-Befunden hat sich die Höhenrudertrimmung zum Unfallzeitpunkt in der vordersten Position (Nase nach unten) befunden. Die SUST geht davon aus, dass der Pilot in der letzten Rechtskurve von einer automatischen Abschaltung des Autopiloten überrascht worden ist. Diese war eine Folge der bis zum Anschlag auf «Nase nach unten» verstellten Höhenrudertrimmung und initiierte den Übergang in einen steilen Sinkflug. Unter den gegebenen Umständen habe der Pilot die Kollision mit dem Gelände nicht mehr verhindern können.
Das Wrack des Flugzeuges konnte erst in der folgenden Nacht genau lokalisiert werden, weil der Notsender keine Positionsdaten übermittelte. In einem Sicherheitshinweis fordert die SUST Eigentümer und Halter von Luftfahrzeugen auf, die Fähigkeit zur Übermittlung von Positionsdaten von 406-MHz-Notsendern zu überprüfen. Ist dies nicht der Fall, sei eine Nachrüstung mit geringem Aufwand möglich. Zusammenfassung Eugen Bürgler www.sust.admin.ch