SUST: Engländer flog in den Alpen zu tief
07. Januar 2022: Im August 2019 stürzte eine britische Piper PA-28RT Arrow auf dem Flug von Lausanne nach Perugia auf dem Simplonpass ab. Alle drei Personen an Bord kamen dabei ums Leben. Die Schweizerische Sicherheitsuntersuchungsstelle SUST stellt in ihrem kürzlich veröffentlichten Schlussbericht fest, dass der Pilot die Alpenüberquerung auf einer viel zu tiefen Flughöhe vornehmen wollte. Mangelnde Ausbildung und mangelnde Erfahrung in der Gebirgsfliegerei haben gemäss SUST zum Unfall beigetragen.
Am 13. August 2019 führte der 51-jährige Pilot eine erste Flugplanung für die gesamte Reise nach Perugia auf seinem elektronischen Tablet mit der VFR-Flugplanungs- und Navigationssoftware SkyDemon4 durch. Am Morgen des 24. Augusts 2019 hob er mit seinen beiden Passagieren vom Flugplatz North Weald ab. Nach der Ankunft in Lausanne, wo alle drei Personen übernachteten, gab der Pilot seinen ICAO-Flugplan in Skydemon ein. Bei Punkt 15 des ICAO-Flugplans gab er keine Flughöhe an, sondern erwähnte, dass der Flug nach Sichtflugregeln (VFR) durchgeführt werden würde. Am nächsten Tag, etwa zwei Stunden vor dem Abflug nach Perugia, änderte er die seitlich geplante Route auf seinem elektronischen Tablet mit zusätzlichen Wegpunkten, um die Route besser an den natürlichen Verlauf des Tals bei der Überquerung der Schweizer Alpen anzupassen.
Am 25. August 2019 startete die viersitzige und 200 PS starke Piper PA-28RT-201 G-BVDH um 9.43 Uhr in Lausanne mit drei Personen an Bord. Nach dem Start befand sich der Pilot am Anfang des Rhonetals in der Nähe von Montreux auf einer Höhe von 4100 Fuss AMSL. Nach dem Passieren von Martigny meldete der Pilot dem Tower von Sion eine Höhe von 5300 Fuss und bat darum, die Kontrollzone des Flughafens Sion (CTR) zu durchfliegen. Als er die Kontrollzone verliess, teilte der Flugverkehrsleiter dem Piloten mit, dass er die Frequenz verlassen könne und gab ihm die Funkfrequenz des lokalen Fluginformationsdienstes, Geneva Information, den er aber nie kontaktierte. Um 10.23 Uhr wendete der Pilot in der Nähe von Brig in einer Höhe von 6100 Fuss AMSL und einer Geschwindigkeit von 120 Knoten nach rechts in Richtung Simplonpass, der 6578 Fuss AMSL hoch ist, mit der Absicht, weiter ins Tal zu steigen. Um 10.25 Uhr beobachteten Zeugen in der Nähe des Simplonpasses, wie die G-BVDH in geringer Höhe und mit hoher Nicklage flog und anschliessend auf die Nordwestwand des Hübschhorns prallte. Alle drei Insassen wurden dabei tödlich verletzt.
Bis zum 4. August 2019 hatte der Pilot insgesamt 365 Flugstunden gesammelt, von denen über 61 Stunden unter IFR geflogen wurden. Wie die SUST weiter fest hält, wurde keine Erwähnung oder Bescheinigung über eine praktische Ausbildung für das Fliegen in den Bergen gefunden. Für die Erstellung seines Navigationsflugplans verwendete der Pilot der G-BVDH die Software Skydemon, die auf seinem elektronischen Tablet installiert war. Aus unerfindlichen Gründen habe der Pilot jedoch nie eine Flughöhe geplant, hält die SUST weiter fest. Die Einführung einer für den Flug geeigneten Reiseflughöhe ermöglicht auch die Visualisierung einer möglichen Kollision mit dem Gelände mit Hilfe der Anwendung Skydemon während der Flugplanung. Das Bild, das während des Fluges vom Passagier auf dem Rücksitz aufgenommen wurde, zeigt, dass die Funktion „Colour high terrain“ nicht aktiviert war und somit auch die Visualisierung eines Kollisionsrisikos während des Fluges nicht verfügbar war.
Der Unfall, bei dem der Pilot in geringer Höhe die Kontrolle über das Flugzeug verlor und mit dem Boden kollidierte, war auf einen Mangel an Voraussicht bei der Steuerung des Steigflugs zurückzuführen, der den Strömungsabriss verursachte, hält die SUST zur Unfallursache fest. Mangelnde Ausbildung und mangelnde Erfahrung in der Gebirgsfliegerei hätten zum Unfall beigetragen. Die Untersuchung konnte nicht klären, warum der Pilot in einer Höhe von 2200 Fuss unter der auf der ICAO-Karte 1:500 000 empfohlenen Höhe ins Simplon-Tal flog, schreibt die SUST weiter. hjb
Der SUST-Schlussbericht in Englisch: G-BVDH_SB_e