SUST: zwei Unfälle von Schulflügen in Bern aufgeklärt

22. Januar 2023: Am 15. August 2017 verunfallte ein Flugschüler bei einem Durchstartmanöver in Bern mit einer Aero AT-3 und verletzte sich leicht. Ein gutes Jahr später, am 9. August 2018, verlor ebenfalls ein Flugschüler mit dem gleichen Flugzeugtyp wieder in Bern beim Durchstarten die Kontrolle und krachte auf den Boden. Beide AT-3 wurden total zerstört. Die Schweizerische Sicherheitsuntersuchungsstelle SUST hat kürzlich die Schlussberichte zu diesen beiden Unfällen veröffentlicht.

Am 27. Juli 2017 hatte der damals 49-jährige Flugschüler, der sich zu jenem Zeitpunkt in der praktischen Grundausbildung zur Erlangung der Privatpilotenlizenz PPL(A) befand, seinen ersten Alleinflug an Bord einer AT-3 R100 absolviert. Am Unfalltag plante der Flugschüler im Alleinflug, aber unter Aufsicht des Fluglehrers diverse Platzrundenflüge durchzuführen. Seit seinem ersten Alleinflug 19 Tage zuvor war er nicht mehr geflogen. Um 14.19 Uhr, als sich das Flugzeug im Endanflug befand, gab der Tower-Flugverkehrsleiter dem Flugschüler die Windverhältnisse durch (290 Grad / 8 Knoten) und erteilte ihm die Erlaubnis, auf der Piste 32 aufzusetzen und wieder durchzustarten.

Gemäss SUST-Bericht verlief der Anflug stabil, und das Flugzeug berührte die Piste bei einer Grundgeschwindigkeit von 54 Knoten mit dem Hauptfahrwerk. Die AT-3 HB-SRC sprang hoch und berührte danach die Piste erneut, diesmal mit allen drei Rädern. Der Flugschüler entschloss sich zu einem Durchstart. Das Flugzeug bäumte sich auf und drehte unvermittelt nach links. Der Flugschüler vermochte das Flugzeug nicht zu stabilisieren und verlor die Kontrolle, wie die SUST weiter festhält. Das äusserste Ende der linken Tragfläche touchierte den Betonbelag. Das Flugzeug kam in sehr geringer Höhe und mit stark schwanzlastiger Fluglage von der Piste ab und bewegte sich auf den Grasrollweg zu. Der Flugschüler hörte die akustische Überziehwarnung. Die Aero AT-3 berührte mehrmals die Grasfläche, bevor die Strömung abriss, sie auf den Boden prallte und schliesslich total beschädigt zum Stillstand kam. Der Flugschüler konnte die Kabine leicht verletzt aus eigener Kraft verlassen.

Die SUST führt den Unfall darauf zurück, dass der Flugschüler bei einem Aufsetz- und Durchstartmanöver  im Alleinflug die Kontrolle über das Flugzeug verloren hatte. Der Entscheid des Fluglehrers, trotz längerer Pause seit dem letzten Flug auf einen vorgängigen Kontrollflug verzichten zu können, sei der Situation nicht angemessen gewesen, hält die SUST weiter fest.

In den zweiten Unfall mit einer Aero AT-3 in Bern war die HB-SRB verwickelt. Der damals 43-jährige Flugschüler befand sich ebenfalls in der Ausbildung zum Erwerb der Privatpilotenlizenz. Am Morgen des Unfalltages flog er zusammen mit seinem Fluglehrer am Doppelsteuer Platzrunden und führte dabei drei Touch-and-go und eine Abschlusslandung aus. Beide beurteilten diesen Übungsflug als zufriedenstellend, weshalb sowohl der Fluglehrer als auch der Pilot zum Schluss kamen, dass er nun bereit sei für den ersten Alleinflug.

Um 9.29 Uhr startete er auf der Piste 14 des Flughafens Bern zu seinem ersten Alleinflug. Nach der ersten, normal verlaufenen Platzrunde leitete der Pilot gemäss SUST-Angaben den Landevorgang zu hoch ein. Das Flugzeug setzte hart auf der Piste auf und hob wieder ab, worauf der Pilot einen Durchstart einleitete. In der Folge drehte das Flugzeug nach links ab. Dabei nahm die Aero AT-3 eine hohe Querlage ein, schlug aus geringer Höhe im Bereich des Rollweges A auf den Boden auf und kam schliesslich unter dem Flügel der geparkten Dornier Do328 von SkyWork zum Stillstand. Der Pilot blieb unverletzt. Die HB-SRB wurde zerstört und es entstand leichter Drittschaden an der Do328.

Da sich auf dem Flughafen Bern vor Jahresfrist ein vergleichbarer Unfall mit demselben Flugzeugtyp ereignete, führte die SUST Versuchsflüge durch, um allfällig bestehende kritische Flugeigenschaften der Aero AT-3 zu erkennen. Gemäss SUST wies das Flugzeug grundsätzlich gutmütige, einem Schulflugzeug entsprechende Flugeigenschaften auf. Allerdings zeige die AT-3 beim Einleiten des Durchstarts nahe der Abrissgeschwindigkeit die Tendenz, nach links zu rollen, insbesondere dann, wenn die Leistungserhöhung rasch erfolge, hielt die SUST fest.

Sie führt den Unfall auf unangepasste Steuereingaben während und nach der Leistungserhöhung zurück. Infolge dieses zweiten Unfalls mit dem Baumuster AT-3 gab die Flugschule Alpaviation allen Fluglehrern den Auftrag, mit den Flugschülern in sicherer Flughöhe das Verhalten des Flugzeuges beim Einleiten des Durchstarts unter rascher Leistungssetzung zu erfliegen. hjb

HB-SRC

HB-SRB

Am 15. August 2017 verunfallte die Aero AT-3 HB-SRC in Bern bei einem misslungenen Durchstartmanöver. Foto SUST