Geht Airbus unter die Triebwerksbauer?

03. Dezember 2022: Jahrzehntelang belieferten die grossen Triebwerkwerksbauer den europäischen Flugzeughersteller Airbus. Dort herrscht schon lange Aufbruchstimmung, um ab 2050 CO2-frei zu fliegen. Die Einführung soll schon ab 2035 mit den ersten emissionsfreien Flugzeugen für 100 Passagiere erfolgen. Voraussetzung ist eine totale Umstellung auf andere Antriebsarten, denen die Hersteller von Strahlturbinen noch nicht folgen konnten. Zu sehr hat man sich auf Turbofans festgelegt. Schläft man bei Rolls-Royce, General Electric oder Pratt & Whitney? Zunächst mal schon.

Die Weltwirtschaft hat erkannt, dass fossile Energieträger a.) endlich und auf lange Sicht nicht mehr verfügbar sein werden und b.) das Verbrennen von Energieträgern mit Kohlenstoff nicht nur die Atmosphäre zerstört, sondern auch zu einer Klimaveränderung geführt hat. Schlaue Köpfe haben aber schon lange im Element Wasserstoff erkannt, dass es vom Volumen etwa die dreifache Energie gegenüber Kerosin aufweist. Den zunächst noch dornenreichen Weg, Energie aus Wasserstoff zu ziehen, hat Airbus beschritten, nachdem man eingestehen musste, dass wegen zu geringer Energiedichte der Batterien ein wirtschaftlicher Elektroflug auf absehbare Zeit nicht möglich sein wird. Um dennoch elektrisch fliegen zu können, ohne CO2 auszustossen, wird man zunächst die Brennstoffzellentechnologie nutzen.

Schon 2021 gründete Airbus mit dem schwäbischen Partner ElringKlinger ein Joint Venture unter der Firma Aerostack GmbH. ElringKlinger ist eigentlich Automobilzulieferer. Das Unternehmen stellt eigene Stacks, die Grundlage für Brennstoffzellensysteme her. Die Aerostack GmbH wird von der EKPO Fuel Cell Technologies GmbH (EKPO), einer Tochter von ElringKlinger beliefert. Deren NM12-Stacktechnologie dient mit ihren überzeugenden Leistungseigenschaften als Basisplattform für die Entwicklung von massgeschneiderten Produkten für die Luftfahrt. Die kompakten Stacks basieren auf der Protonenaustauschmembran- (PEM-)Technologie und wandeln unter Verwendung von Wasserstoff und Sauerstoff chemische in elektrische Energie um. EKPO bietet Stacks in verschiedenen Konfigurationen an, die möglicherweise auch für spätere elektrische Antriebseinheiten als Brennstoffzellensystem dienen könnten.

Bei der Kooperation mit Aerostack geht Airbus erstmals auf vollkommen fremdes Terrain, dient doch ein Brennstoffzellensystem nur der Erzeugung elektrischen Stroms zur Speisung eines elektrischen Antriebsmotors. Die komplette Antriebseinheit, einschliesslich der Inverter, der Steuerung und der Pufferbatterien könnte dann später das Siegel von Airbus tragen. Von einer Serienversion kann aber noch nicht die Rede sein!

In der jetzigen Evaluationsphase ist die elektrische Antriebseinheit nur ein Versuchstriebwerk, welches am Technologieträger Airbus A380 getestet werden soll. Diese Antriebseinheit soll dabei an einem Pylon am Heck des Airbusses getestet werden. Dazu wird man eigens in Toulouse eine Wasserstofftankstelle errichten. Bislang gibt es weltweit noch keine luftfahrtauglichen Brennstoffzellensysteme zu Erzeugung von Strom im Gigawattbereich. Das erklärt die Vorgehensweise von Airbus. Das so mit Unterlieferanten entstehende erste Versuchstriebwerk, stellt nur eine Testeinheit kleinerer Schubstärke dar. Obwohl es skalierbar ist, ist aber noch längst nicht entschieden, ob auch ein Serienbau daraus wird. Das steht auf einem anderen Blatt.

Der Betrieb mit Brennstoffzellen ist aber nicht die einzige Option, auf die Airbus in absehbarer Zeit setzt. Längst wirft man auch ein Auge auf die grossen Hersteller wie Pratt & Whitney, General Electric und Rolls-Royce. So führte Rolls-Royce jüngst einen Turbinentest mit Wasserstoffdirekteinspritzung erfolgreich durch. Andere Hersteller arbeiten ebenfalls daran. Dabei handelt es sich für Langstreckenflugzeuge derzeit als einzige brauchbare Alternative, ausser dass man auf eFuels (SAF) setzen würde. Die Verwendung dieses synthetischen Treibstoffs wurde bereits erfolgreich erprobt und wird der Verfügbarkeit entsprechend bereits auch voll oder unter Beimischung beim Kerosin eingesetzt.

Neben dem brennstoffzellenbetriebenen Versuchstriebwerk kleiner Leistung soll auf etwa gleicher Zeitschiene ein rein wasserstoffbetriebenes Triebwerk unter dem Flügel an dem A380 getestet werden. Für beiden Varianten sind Spezialtanks in dem im Umbau befindlichen A380 vorgesehen. Der Grund: der flüssige Wasserstoff benötigt einer Temperatur-Konstanthaltung von minus 253 Grad Celsius, was nur in doppelwandigen Drucktanks möglich ist, die mit entsprechenden Sicherheitssystemen ausgestattet sind. Bei längerer Lagerung, was mit Erwärmung verbunden ist, muss das Gas automatisch entweichen können.

Nach jetzigen Betrachtungen will Airbus bis 2028 entscheiden, welchen Vorrang man dem 100- oder auch 200-Sitzer geben wird. Das Tanksystem bleibt für beide Varianten das gleiche. Dazu wird man aus heutiger Sicht keine Flügeltanks mehr verwenden können. Die Flüssig-Drucktanks müssten in den Heckbereich der Maschinen verlagert werden. Allerdings benötigen sie mehr Volumen und das geht nur mit verlängerten Flugzeugrümpfen.

Was noch vollkommen offen ist, welcher Technologie man den Vorrang geben wird, der Verbrennung von Wasserstoff in den Turbinen oder in den Brennstoffzellen, denn bei beiden entsteht im Idealfall nur Wasser als Abfallprodukt. Wie sich die zusätzliche Wassereinbringung in der Atmosphäre etwa bei der Bildung Kondensstreifen verhält, ist noch unerforscht.  Hellmut Penner

Die Wasserstofftanks im A380-Technologieträger sind im oberen hinteren Rumpf untergebracht. Grafik Airbus

Die Wasserstofftanks im A380-Technologieträger sind im oberen hinteren Rumpf untergebracht. Grafik Airbus

Auch ein wasserstoffgetriebenes Turbopop-Triebwerk könnte sich Airbus vorstellen. Grafik Airbus

Auch ein wasserstoffgetriebenes Turbopop-Triebwerk könnte sich Airbus vorstellen. Grafik Airbus