Im Blindflug mit 300 km/h ins Säntismassiv

26. November 2023: Am 30. März 2022 ist die Cessna Caravan D-FLIC auf dem Flug von Siegerland in Norddeutschland nach Italien am Säntismassiv abgestützt. Der allein fliegende Pilot steuerte die Caravan in Instrumentenflugbedingungen – er hatte keine IFR-Berechtigung mehr – auf einer zu tiefen Flughöhe mit über 300 km/h direkt ins Grüehorn. Die SUST hat nun den Schlussbericht zu diesem „Controlled Flight into Terrain – CFIT“ erstellt. 

Am Tag vor dem Unfall flog der 63-jährige Pilot mit der Cessna 208 Caravan D-FLIC von dem in der Toskana gelegenen Flugplatz Aviosuperficie Costa d’Argento (La Parrina – Grosseto) für Wartungsarbeiten nach Siegerland (EDSG). Dabei überflog er gemäss SUST-Bericht das Säntismassiv nach Sichtflugregeln auf einer Flughöhe von rund 8200 Fuss und auf derselben Route wie am Unfalltag, nämlich auf der direkten Verbindungslinie zwischen den für Flüge nach Instrumentenflugregeln vorgesehenen Wegpunkten „Pelad“ und „Deges“.

Am 30. März 2022 um 9.02 Uhr UTC startete die D-FLIC von Siegerland zu einem Sichtflug nach Arezzo (LIQB) in Italien. Um 10.19 Uhr UTC überflog sie den Wegpunkt „Deges“ auf 5400 Fuss. Dabei stand der Pilot in Funkkontakt mit dem Flight Information Center Zürich, das ihn angewiesen hatte, unter dem Nahkontrollbezirk Zürich und somit unter 7500 Fuss zu verbleiben. Nach dem Passieren von „Deges“ flog der Pilot wie geplant in Richtung „Pelad“ und um 10.19.31 Uhr UTC informierte ihn das FIC, dass nun die höchst- zulässige Höhe für Sichtflüge ohne Genehmigung für einen Einflug in den kontrollierten Luftraum Flugfläche 130 betrage: «D-IC, report Bad Ragaz and now maximum flight level 130 possible». Der Pilot antwortete mit «Roger, will report, can you confirm start, ähm higher?» und wollte sich damit gemäss SUST-Bericht vergewissern, dass er nun steigen könne. „Zürich Information“ bestätigte um 10.19.43 Uhr UTC mit «D-IC affirm, you mag continue climb up to maximum flight level 130.» Der Pilot antwortete daraufhin: «Roger, copied».

Seine Steigrate betrug durchschnittlich rund 550 Fuss pro Minute. Um 10.23 Uhr UTC kollidierte das Flugzeug gemäss SUST-Bericht auf dem unverändertem Flugweg und in Wolken fliegend auf einer Höhe von 6800 Fuss mit der Nordflanke des Grüehorn im Säntismassiv. Der Pilot kam dabei ums Leben und das Flugzeug wurde zerstört. Der Unfall sei auf die Fortführung eines Sichtfluges unter Instrumentenwetterbedingungen zurückzuführen, hält die SUST zur Ursache fest. Sicherheitsempfehlungen gibt sie dazu keine ab. Doch eine Frage stellt sich: Weshalb hat die Zürcher Flugsicherung den zu tief fliegenden Caravan-Piloten nicht vor dem Gelände gewarnt und nachgefragt ob er sich in Sichtflugbedingungen befindet?       Hansjörg Bürgi

D-FLIC-SUST-Bericht

Der geplante Flugweg (blau) und die Flugwegaufzeichnung (rot) der D-FLIC, dar- gestellt auf der Luftfahrtkarte der Schweiz. Grafik SUST

Die verunglückte Cessna Caravan D-FLIC am 29. Mai 2020 in Siegerland. Foto Daniel Schwinn/Jetphotos

Die wenigen Wrackteile in unzugänglichem Gebiet im Santis-Massiv. Foto Kapo SG