SkyNews.ch Februar 2024
Fliegen kann nie sicher genug sein
Geschätzte Leserinnen und Leser
In keinem Transportsektor werden aus Unfällen so systematisch Lehren gezogen wie in der Luftfahrt. Deshalb ist Fliegen heute sicherer denn je. Dennoch rollte in Japan Anfang 2024 die Dash-8 der Küstenwache unerlaubt auf die Piste und wurde von der landenden A350 touchiert, die anschliessend ausbrannte. Und trotzdem verlor wenige Tage später die brandneue Boeing 737MAX9 von Alaska Airlines im Steigflug einen «Door Plug» (siehe Seite 11). Bei beiden Vorfällen kamen keine Passagiere der beiden Verkehrsflugzeuge ums Leben. Da war einerseits auch Glück mit im Spiel, andererseits haben eben die Sicherheitsmassnahmen gegriffen und Leben gerettet.
Umso unverständlicher ist es, dass sich beim Flughafen Zürich Widerstand gegen die Pistenverlängerungen manifestiert (siehe Seite 36). Längere Pisten bieten nun einmal eine grössere Sicherheitsmarge als kürzere. Wer das nicht begreift, soll bitte nochmals in den Physikunterricht. Zumal die 1961 mit einer Länge von 2500 Metern eröffnete A Piste 28 für die damaligen Jets gebaut wurde, welche bei der Landung kaum 100 Tonnen schwer waren. Eine A380 hat heute ein Landegewicht von gegen 400 Tonnen.
Die Pistenverlängerungen erhöhen nicht nur die Sicherheitsmarge, sondern auch die Effizienz des komplexen Zürcher Flugregimes. Deshalb sind sie klar zu befürworten, denn Fliegen kann nie sicher genug sein.
Wir wünschen Ihnen eine interessante Lektüre.
Hansjörg Bürgi, Chefredaktor und Verleger
Inhaltsübersicht
SkyStory
Der robuste Dreistrahler
2024 jähren sich zwei Jubiläen in der Geschichte der Boeing 727, dem erfolgreichen Mittelstreckenjet aus Seattle. Vor 60 Jahren, im Februar 1964, wurde die Erste in den Liniendienst gestellt, und vor 40 Jahren, im September 1984, rollte mit der 1832. Einheit das letzte Exemplar aus dem Werk, was die Boeing 727 zum erfolgreichsten strahlgetriebenen Verkehrsflugzeug ihrer Zeit machte. Den Erfolg verdiente sie sich mit ihrer vielfältigen Nutzbarkeit.
SkyTalk
«Fliegen war noch nie so sicher wie heute»
Obschon das Fliegen sicherer denn je ist, kann die Flugsicherheit weiter erhöht werden. Wie – das erklärt Marc Keusch, Leiter Safety & Risk Management beim BAZL im Interview mit SkyNews.ch. Er und sein Team werten unter anderem jähr- lich über 12‘000 Meldungen von Vorkommnissen in der Schweizer Zivilluftfahrt aus.
SkyLine
Was ist nur los bei Boeing?
Diese besorgte Frage taucht – wieder einmal – weltweit medial auf, seit bei einer Boeing 737MAX9 kurz nach dem Start in Portland plötzlich dort ein Loch im Rumpf klaffte, wo ein fest montiertes Element eigentlich den nicht verwendeten Notaus- gang verschliessen sollte. Es kam zu einer Dekompression der Kabine und nur dank glücklicher Umstände sind keine Insassen zu Schaden gekommen. Hat der Flugzeugbauer Boeing bloss Pech oder ein echtes Problem?
SkyFlight
Wichtig und doch ungeliebt
In unserem Jubiläumsjahr greifen wir Themen auf, die uns während den vergangenen 20 Jahren intensiv beschäftigt haben. SkyNews.ch ist fast gleich alt wie die EASA, die europäische Agentur für Flugsicherheit, die sich als weltweit relevante Luft- fahrtagentur etabliert hat, da und dort aber übers Ziel hinausschiesst. Wir blicken auf die EASA-Geschichte zurück und sprechen im Interview (Seiten 22/23) mit dem Brancheninsider Manfred Brunner über Errungenschaften und Fehlentwicklungen der EASA.
SkyPort
Höhere Sicherheitsmarge
Die Hauptstartpiste 28 soll um 400 Meter, die Piste 32 um 280 Meter verlängert werden. Eigentlich nur etwas «Kosmetik» am seit 1976 unveränderten Zürcher Pis- tensystem. Dennoch wird das Zürcher Stimmvolk am 3. März darüber abstimmen und im Vorfeld gehen die Wogen hoch, weil die Flughafengegner eine Kapazitäts- erhöhung suggerieren.
SkyForce
Braucht es dieses Urteil?
Mit voller Wucht knallte am 29. August 2016 die F/A-18 Hornet J-5022 im Sustenge- biet in die Felsen des Hinter Tierberg. Der 27-jährige Pilot wurde dabei getötet. Am 9. Januar hat das Militärgericht einen Skyguide-Fluglotsen, der dem Piloten eine zu tiefe Flughöhe angegeben hatte, wegen fahrlässiger Tötung zu einer bedingten Geldstrafe verurteilt. Die Frage bleibt, ob solche Prozesse nicht mehr Schaden an- richten, als dass sie irgendjemandem etwas bringen.