Amphibienflugzeug aus Payerne in Farnborough vorgestellt
25. Juli 2024: Vergangenes Jahr meldete sich aus Payerne ein kleines Team um George Alfinov, Co-CEO, und Präsident Sergey Alafinov ebenfalls Co-CEO, beide aus der Ukraine mit der frischgegründeten Firma Jekta, dass man ein Amphibien-Flugzeug zu bauen beabsichtige, dass für 19 Passagiere ausgelegt werde. Unbekannt ist allerdings bis heute, woraus sich das Projekt finanzieren soll. Wohl auch aus diesem Grund wurde es diese Woche an der Luftfahrtmesse im britischen Farnborough vorgestellt.
Wurden einst die Flugschiffe wie Do X in Altenrhein gebaut, wie auch die berühmten Martin China Clipper oder die Consolidated PBY Catalina und erlangten dabei Weltruhm, so meinte man, sei die Zeit dieser Amphibien bis auf Ausnahmen kleinerer Flugzeuge bis in die Neuzeit wegen weltweit verfügbarer Airports eigentlich längst vorbei. Wo sie dennoch benötigt werden, erfüllen mit Schwimmern ausgestattete Muster wie Cessna, Piper oder auch von DeHavilland dort Sonderaufgaben, wo sich keine anderen Lösungen anbieten.
Firmenmitgründer von Jekta, George Alafinov ist aber von seinen Ideen so überzeugt, dass er bei einer modernen Auslegung des Amphibiums vom Typ PHA-ZE 100 mit verteilten Antrieben auf elektrischer Basis durchaus einen weltweiten Absatz von bis zu 400 Maschinen sieht. Es gäbe nach seiner Ansicht genügend Küsten- Seen und Flussgebiete, wo sich der Einsatz solcher Flugzeuge lohnen würde, wenn man dort einen wirtschaftlichen Betrieb mit erforderlicher Infrastruktur errichten würde. Die Wirtschaftlichkeit begründet er und seine Mitstreiter mit fortschrittlichen Elektroantrieben, wobei der CO2-freie Antrieb eine nicht unerhebliche Rolle spielt.
Nach internen Verhandlungen mit dem englisch-amerikanischen Unternehmen ZeroAvia, die als die umtriebigsten und zugleich marktführenden Spezialisten für Brennstoffzellensysteme gelten, hat man sich nun auf der Farnborough Airshow in Grossbritannien erstmals der Öffentlichkeit präsentiert. So soll ZeroAvia das komplette Antriebssystem liefern. ZeroAvia fliegt bereits einen Prototyp seines gesamten wasserstoffelektrischen Antriebsstrangs (ZA600) in einem 19-sitzigen Dornier 228-Testflugzeug. Das Unternehmen hat eine Reihe flexibler Niedertemperatur-Protonenaustauschmembran-PGS-Lösungen (LTPEM) und neuartige Hochtemperatur-PEM-Brennstoffzellen (HTPEM) für wasserstoffelektrische Luft- und Raumfahrtanwendungen entwickelt. Eine wesentlich stärkere Variante, das ZA 1000 ist bereits in der Entwicklung.
Ursprünglich wollte man mit dem PHA-ZE 100 rein elektrisch fliegen, was bei den verfügbaren Batterien mit den noch immer niedrigen Energiedichten zu starken Reichweiteneinschränkungen geführt hätte. „Durch die Zusammenarbeit mit ZeroAvia und die Definition eines geeigneten Brennstoffzellensystems können wir unseren potenziellen Betreiberkunden die Wahl zwischen zwei Brennstoffquellen bieten. Das Wasserstoffsystem bietet eine praktikable Alternative zum elektrischen Batteriebetrieb, die eine deutliche Reichweitensteigerung unseres PHA-ZE 100 verspricht, was Betreibern zugutekommt, die längere Regionalstrecken bedienen. Im Gegensatz dazu eignet sich die batteriebetrieben Option für Missionen mit kürzerer Reichweite und Betreiber, die an Orten fliegen, an denen elektrischer Strom kostengünstiger und zugänglicher ist“, sagte George Alafinov.
Mit maximal drei Mann in Cockpit und 19 Passagieren soll ein entsprechendes Flugzeug mit amphibischen Eigenschaften auf eine Reichweite von bis zu 600 Kilometer kommen. Durch die Verwendung von Wasserstoff sollen nicht nur die Betriebskosten sinken, sondern man hofft auch auf eine Lebensdauer bis zu 20’000 Stunden. Brennstoffzellensysteme attestiert man im Vergleich zu Lithium-Batterien eine mindestens fünffache Lebensdauer. Bei reinen Batterieflugzeugen müssten die Batteriesätze fünfmal komplett ausgetauscht, oder ersetzt werden, was ein reines Batteriesystem auch entsprechend teurer machen würde. Damit dürfte die Entscheidung schon fixiert sein, dass man von Anfang an auf das Brennstoffzellensystem setzt und sich nicht an einer Batterieversion für die Serie aufhält. Auch die Nutzlast würde sich mit ZeroAvias Antriebssträngen auf bis zu einer Tonne erhöhen, weil nur noch eine kleinere Pufferbatterie erforderlich wäre, die jedes Brennstoffzellensystem benötigt.
Wie die ebenfalls an der Farnborough Airshow teilnehmende Zero Avia mitteilte, sei man auch an globalen Wasserstoffinfrastrukturprojekten beteiligt und unterhält Partnerschaften mit fast 20 Flughäfen, um das Betriebskonzept und das Wasserstoffbetankungs-Ökosystem zu erkunden, das zur Unterstützung der Routeneinführung erforderlich ist. Man habe auch Pionierarbeit bei der Erprobung von Elektrolyseuren zur Wasserstofferzeugung vor Ort, Wasserstoff-Pipeline-Technologie und Flugzeugbetankungsanlagen in einer Flughafenumgebung geleistet.
Alafinov betrachtet diese als wesentliche Komponenten zur Unterstützung eines effizienten regionalen Amphibienluftfahrtnetzwerks und plant deswegen eine enge Zusammenarbeit mit ZeroAvia sowohl bei einer optimierten Installation ihres PGS im PHA-ZE 100 als auch bei der Erkundung der Infrastrukturentwicklung mit Betreiberkunden. Einen Zeitplan gab Alafinov allerdings für die Entwicklung und den Bau eines ersten Flugzeugs noch nicht bekannt. Hellmut Penner