02. November 2024: Für Propellerflugzeuge zeichnet sich weltweit ab, dass die nächste Generation in Richtung elektrischer Antriebe gehen wird. Und selbst Airbus redet von Flugzeugen mit bis zu 150 Sitzen, die propellerbetrieben abheben könnten. Was man aber schon heute weiss, ist, dass selbst kleine Commuter ab 19 Sitzen kaum rein elektrisch eingesetzt werden können, weil die Energiedichten der Batterien noch immer zu klein sind. Deshalb richten Viele den Fokus auf Wasserstoff und Brennstoffzellen. Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt hat letzte Woche ein Testzentrum für Brennstoffzellen-basierte Antriebe eröffnet.
Elektrische Antriebsmotoren werden mit Drehstrom betrieben und die verlangen hohe Ströme. Ingenieure setzen deshalb auf Brennstoffzellen. Mit Wasserstoff betrieben, sind die in der Lage, je nach Schaltung hohe Ströme und hohe Spannungen zu liefern. Um die technischen Zusammenhänge besser zu verstehen hat das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) das Projekt BALIS ins Leben gerufen. BALIS steht für Brennstoffzellenbasierter Antriebsstrang für Luftfahrzeuge 1,5+ Megawatt. Doch kompakte Prüfstände für wasserstoffbetriebene Motoren gibt es noch kaum. Man beschränkt sich auf provisorische Installationen offener Prüfstände oder Installationen auf vorhanden Serienflugzeugen, ohne einzelne Baugruppen unabhängig voneinander eingehend untersuchen zu können.
Mit staatlichen Mitteln in Höhe von etwa 28,2 Millionen Franken entstand in einem ehemaligen Treibstofflager der Bundeswehr an der Autobahn A81, die von Stuttgart in die Schweiz führt und wo im Ernstfall Kampfflugzeuge starten sollten, mitten im Wald ein einzigartiges Testzentrum. Auf dem mit zwei Zäunen doppelt gesicherten Gelände entstand in Zusammenarbeit von DLR mit mehreren Industriepartnern eine einzigartige Testumgebung, die die Kernkomponenten bestehend aus einem Brennstoffzellensystem, einem Tank für flüssigen Wasserstoff, einer Antriebseinheit und einer Batterie sowie der Steuerungs- und Regelungstechnik samt der dazugehörigen Infrastruktur umfasst. Über eine Schaltmatrix lassen sich die Komponenten sowohl einzeln als auch gekoppelt betreiben und testen. So ist es möglich für jede Komponente und das Gesamtsystem beliebige Lastfälle für ein Luftfahrzeug zu simulieren und zu untersuchen. Ein typisches Lastprofil beginnt mit dem Rollen zur Startbahn mit geringem Leistungsbedarf. Bei der anschliessenden Startphase wird für zehn Minuten die maximale Systemleistung abgerufen. Anschließend steigt das Luftfahrzeug mit einer hohen Leistung von 1,2 Megawatt innerhalb von 20 Minuten auf die gewünschte Reisehöhe, die abschließend für 60 Minuten bei mittlerer Leistung gehalten wird.
Im Fokus der Arbeiten steht deshalb zunächst das Verhalten und die Optimierung dieses Megawatt-Antriebssystems für einen stabilen Betrieb bei unterschiedlichen Lastszenarien. Ein weiterer Forschungsschwerpunkt der BALIS-Testinfrastruktur ist die Handhabung von flüssigem Wasserstoff (liquid hydrogen, LH2) in grossen Mengen für den Betrieb des gesamten Antriebssystems. Dazu baut das DLR aktuell mit zusätzlichen Mitteln von rund drei Millionen Euro einen Versuchstank und die notwendige Betankungsinfrastruktur auf. Bezogen auf das Speichervolumen hat flüssiger Wasserstoff eine höhere Speicherdichte als gasförmiger Wasserstoff. Flüssig wird Wasserstoff erst bei sehr tiefen Temperaturen ab -253 Grad Celsius. Deshalb wird flüssiger Wasserstoff auch als kryogener Wasserstoff bezeichnet. Das Verflüssigen, Speichern und Weiterleiten des Wasserstoffs stellen daher besondere Anforderungen an die Infrastruktur, um Druck und Temperatur konstant zu halten.
Für die nächsten drei Jahre ist die Testumgebung BALIS ausgelastet. Zu Industriepartnern gehören unter anderen das DLR-Spinn-off H2FLY, der Brennstoffzellenhersteller PowerCell aus Schweden, der Spezialist für elektrische Antriebe Compact Dynamics sowie der Hersteller und Lieferant von technischen Gasen Air Liquide. Aus dem Luftfahrtsektor arbeitet das DLR unter anderem mit den Firmen Diehl Aerospace, GE Aerospace und Deutsche Aircraft (Tochter der Sierra Nevada Corporation aus den USA) zusammen. Report von Hellmut Penner www.dlr.de