Mirage-Verein Buochs kämpft um sein Triebwerk
04. April 2023: Die Luft ist dünn geworden für die Schweizer Mirages, das ist an der Generalversammlung des Mirage-Verein Buochs (MVB) am 1. April klar geworden. Während die letzte zivil fliegende Mirage III HB-RDF in Payerne ihre Flugzulassung verliert, kämpft der MVB mit der Frage, wie die Zukunft des ATAR 9C Triebwerks aussieht. Wegen radioaktiven Teilen im Triebwerk droht eine sehr teure Entsorgung. Der MVB engagiert sich aber weiter für konstruktive Lösungen.
Am 1. April 2023 konnten der MVB-Präsident Olivier Borgeaud und sein Vorstand 71 Anwesende, darunter Gäste aus Politik, Armee, Verwaltung und den Medien, zur regulären Generalversammlung des Mirage-Verein Buochs (MVB) begrüssen. Als Gäste anwesend waren Markus Walker (Landratspräsident Nidwalden), Roland Blättler (Parteipräsident SVP Kantonalpartei), Ronald Rickenbacher (Amtsvorsteher/Kreis Kdt/Stabschef Stv Militär und Zivilschutz Nidwalden), Markus «Märk» Thöni (Oberst i Gst/Kdt Kdo Plpl Emmen), Daniel Blank (Präsident Offiziersgesellschaft Nidwalden), Beat Waser (Strahlenschutzexperte MVB), Thierry Goetschmann (Oberst aD/Clin d’Ailes Payerne), Bebbo Odermatt (Flugplatz Senioren), Bosko Milacic (RUAG Real Estate AG) und Jan Spycher (Airport Buochs AG). Gespannt waren die Anwesenden auf das Traktandum betreffend weiterem Vorgehen mit dem ATAR-Triebwerk (unter SkyNews.ch können mittels Eingabe des Suchbegriffs ‘Mirage Verein’ weitere Hintergrundinformationen abgerufen werden). Grundsätzlich ist das Ziel des MVB immer noch das Gleiche: das (funktionstüchtige) Triebwerk so lange wie möglich und finanziell verkraftbar (wie von den Behörden gefordert) zu behalten. Um es aber vorweg zu nehmen: die Abklärungen zu der Thematik sind sehr, sehr intensiv, zeitraubend und umfangreich, – meist von Seite MVB initiiert. Viele Stellen sind involviert, oft werden Sichtweisen für gleiche Themen völlig verschieden ausgelegt. Wohl etwas im Zeitgeist fällt leider auf, dass sich die Behörden äusserst schwer tun, irgendwelche Entscheide zu fällen, Initiativen tatkräftig und kostenbewusst zu unterstützen oder Anfragen verbindlich und zeitnah zu beantworten.
Die Strategie des MVB zusammen mit Clin d’Ailes Payerne war bis Mitte März dem Bund zu helfen, die zwei zu liquidierenden Triebwerke an ausländische Museen zu verschenken (drei Triebwerke bleiben beim Bund im historischen Inventar) anstelle diese für fast 300’000 Schweizer Franken zu entsorgen. Es besteht von mindestens drei Museen eine Nachfrage für solche Triebwerke für ihre Ausstellungen. Sollte später eine mögliche Entsorgung anstehen, wäre im Gegenzug eine gemeinsame Lösung anzustreben, auch Kosten im sechsstelligen Bereich für beide Seiten zu minimieren, und ein Bewilligungsverfahren für die Strategie ‘gebrochen-vergossen’ (anstelle ‘chemisch trennen-vergiessen’) zu unterstützen. Leider wurde der Vorschlag abgelehnt, aber man sei interessiert zu beobachten, ob das angestrebte Verfahren bewilligungsfähig werden könnte. Die Variante «Entsorgungsvariante ‘brechen-vergiessen’», seitens MVB/Clin d’Ailes favorisiert, wird nun weiterverfolgt, vor allem um Verfahrenskosten und die Situation Zwischen-/Endlager zu klären. Und, wer sich an den Kosten noch beteiligen würde. Die zweite Variante ‘ohne Zwischenlager’ wäre sicher günstiger. Hier ist auch unklar, wer das Triebwerk übernehmen würde, falls der MVB bis 2054, dem Zeitpunkt der geplanten Eröffnung des Endlagers, inexistent wäre. Erfreulicherweise unterstützt die für die Endlagerung zuständige Nagra das vom MVB angestrebten Verfahren mit einem Antrag positiv beim BAG.
Als letzte Option, falls eine angestrebte Entsorgung nicht möglich oder finanziell nicht tragbar ist, wäre ein Verkauf des Triebwerks ins Ausland bewilligungstechnisch bis November 2024 möglich. Ein entsprechender Kaufvertrag für das ATAR 9C wurde vorsorglich aufgesetzt. Im Gegenzug würde der MVB eine Nachbrennereinheit bekommen, um bei der Mirage die Optik (ohne Triebwerk) zu gewährleisten. Der Vorstand will weiterhin die grosse Arbeit auf sich nehmen, das gesteckte Ziel des Erhalts zu erreichen. Bis spätestens zur Mitgliederversammlung 2024 soll definitiv entschieden werden, wie das weitere Vorgehen sein soll.
Unter Varia musste wie letztes Mal wieder eine schlechte Nachricht verkündet werden, dieses Mal aber seitens des Museums ‘Clin d’Ailes’ in Payerne und deren Mirage III DS. Thierry Goetschmann erklärte die Situation um die Mirage III DS HB-RDF. Der weltweit einzigen für Passagierflüge eingesetzten Mirage III wurde per 31. März 2023 die Flugbewilligung entzogen! Warum? Bereits in der Vorplanung im Oktober 2022 war klar, dass in der Saison 2023 die letzten Passagierflüge mit dem Mirage III-Doppelsitzer durchgeführt würden. Aufgrund der noch verfügbaren Flugstunden der Triebwerke wurden vier Flugdienstwochen mit 27 Passagieren geplant. Mit den Reststunden des einen Triebwerks war es jedoch nicht möglich, eine ganze Flugdienstwoche durchzuführen. Das BAZL wurde deshalb kontaktiert, ob mittels einer Ausnahmebewilligung zusätzliche fünf Flugstunden zugestanden würden, damit die ganze Woche geflogen werden könnte. Dazwischen würde das Triebwerk gewechselt.
Das BAZL stellte nun in einem Dokument aus dem Jahre 2006 fest, dass nicht nur die Anzahl Flugstunden, sondern auch das Alter bestimmter Triebwerksteile massgeblich für den Betrieb sind. Und so wurde das ‘Verfalldatum’ für 34 Teile am Triebwerk überschritten. In einem Dokument, das zusammen mit ATAR-Spezialisten, wie dem Hersteller, Sulzer, RUAG und sogar der pakistanischen Luftwaffe erstellt wurde, wollte man beweisen, dass das Risiko, auch die restlichen zwei Prozent Flugstundenpotential der beiden Triebwerke zu fliegen, äusserst gering sei. Leider lehnte das BAZL das Begehren ab, gewährte allerdings einen letzten Flugdiensttag. Dieser wird am 25. Mai 2023 stattfinden und mit zwei Flügen die Geschichte der HB-RDF beschliessen. Die Mirage wird an diesem Tag anlässlich der Pilotenbrevetierung in Emmen zu sehen sein. Auf dem europaweit letzten Mirage III-Flug wird Thierry Goetschmann mit einem Überflug auch den Flugplatz Buochs beehren!
Die ordentlichen Traktanden waren alle speditiv erledigt und einstimmig durch die Mitglieder genehmigt worden. Zu dieser GV waren lediglich der Präsident und die Funktionen Event Manager (Bruno Lurati), Archivar (Andreas Weber) und PR/Presse (Kurt Huber) wiederzuwählen. Als neuer Revisor wurde Reto Born ernannt. Sehr erfolgreich waren die Veranstaltungen rund um die vereinseigene Mirage III RS (R-2109), wie der Vorstand berichten konnte. Diese trugen, trotz leichtem Mitgliederrückgang (wohl nicht zuletzt auch wegen der noch unklaren Situation rund um das Triebwerk und dem daraus resultierenden Einfluss auf die Zukunft des Vereins) dazu bei, die Finanzen fast ausgeglichen abzuschliessen.
Bevor René «Schnägg» Schneider sein persönliches Referat ‘Vom Kindheitstraum zum langjährigen Mirage III RS-Pilot’ starten konnte, überbrachte der Amtsvorsteher Militär und Zivilschutz des Kantons Nidwalden, Ronald Rickenbacher, Gruss- und Dankesworte von der Nidwaldner Regierungsrätin Karin Kayser. Er erläuterte auch kurz die ‘Alimentierung’. Mit dieser will man sicherstellen, dass der Bestand von Armee und Zivilschutz langfristig gewährleistet ist. Durch hohe Anteile als Abgänge in den Zivildienst wird dies zur Herausforderung und eigentlichen Problematik. Deshalb wurden auf Bundesebene entsprechende, ausgleichende Massnahmen eingeleitet.
Am Nachmittag konnten die Besucher im Bremshaus ihre Mirage III RS besuchen und die Mitglieder hatten einmal mehr Gelegenhei, Informationen auszutauschen. Fotoreport Thomas P. Hofer www.mirage-buochs.ch