Cellsius, ein Visionsprojekt der ETH Zürich
10. August 2025: Ende Juli lud das aktuelle Fokus-Team des Projekt-«Cellsius H2» zu einem Gala-Event im Eventhangar des Innovationspark Dübendorf. Das Ende des akademischen Jahres kommt näher und so nahm seine diesjährige Fokusgruppe die Gelegenheit wahr, zu zeigen, was sie tagein, tagaus im Hangar 3 geleistet haben, um das «Project H2» auf den aktuellen Stand bringen zu können.
Doch was ist Cellsius überhaupt? Die ETH Zürich arbeitet zusammen mit über 40 Maschinenbau- und Elektrotechnikstudierenden an einer Vision in Zukunft klimaneutral, effizient und nachhaltig Flugzeuge zu betreiben. Die Projektgruppen werden dabei in Jahresrhythmus ausgetauscht, wobei einzelne Mitglieder länger in den Projekten bleiben können.
Ab 2020, im ersten Projekt «e-Sling», bauten 20 Bachelor-Studenten ein Elektro-Flugzeug auf der Basis der Sling TSi, einem viersitzigen Leichtflugzeug aus Südafrika. Als Leistungsstrang wurde die Maschine mit einem 44kW-Eletroaggregat, einem Inverter, zwei Flügelbatterien und einem umfassenden Überwachungssystem ausgerüstet. Nach der erfolgreichen Zertifizierung hob die Maschine (HB-STU) am 19. September 2022 erstmals ab. Sie wird seither optimiert und regelmässig geflogen. Ein Verbesserungspotential bezüglich Reichweite mündete in ein Folgeprojekt «H2».
Hier wird an einem alternativen Wasserstoff-Antriebsstrang geforscht, der ein Kleinflugzeug antreiben soll. Der Antriebsstrang besteht aus dem Brennstoffzellensystem, dem Elektromotor, Tank, Pufferbatterien und entsprechender Leistungselektronik. Ursprünglich war als Plattform die Schweizer LightWing AC.4 geplant. Das Flugzeug stand als Kit bereits in Dübendorf bereit. Berechnungen ergaben jedoch leider, dass die AC.4 zu viele Modifikationen benötigt hätte. So wurde neu als Erprobungsplattform auch ein Flugzeug von Sling gewählt, die HW (High Wing), eine Hochdeckervariante. Das gesamte Antriebssystem wird nun für diese Maschine optimiert.
Grundsätzlich soll mit dem mitgeführten Wasserstoff in zwei Tanks, die unter den Flügeln montiert werden, die Energieverfügbarkeit und somit die Reichweite deutlich erhöht werden. In einer Brennstoffzelle wird Wasserstoff und Luft in Strom und Wasser umgewandelt und so der eMotor angetrieben. Drei Studenten haben innert Jahresfrist eine solche Wasserstoff-Brennstoffzellen-Einheit, auf Basis einer PowerCell-Brennstoffzelle, mit einer Leistung von 100kW, erfolgreich weiterentwickelt und getestet. Eine Herausforderung war dabei die durch die Umwandlung entstehende Wärmeableiten zu können. Bei dieser Leistung fällt etwa die gleiche Menge an Abwärme an.
Das Team berechnete, dass die Maschine bei 165 km/h Reisegeschwindigkeit mit 5,2 kg Wasserstoff mindestens 200 km weit kommen wird, was die angestrebte Überquerung der Alpen, «von Buochs nach Locarno» ermöglichen würde.
Aktuell wird das Kit des Sling HW aufgebaut. Der geplante Erstflugtermin September 2025 scheint noch etwas ambitioniert, vor allem wenn man das im Bau befindliche Kit des Sling HW sieht. Aber gerade deshalb wurde die Gala wohl als „Last Minute Boarding“ ausgeschrieben.
Zu den Entwicklungs- und Aufbauarbeiten wird der Zertifizierungsprozess parallel mitgeführt. Die Sicherheit wird in diesem Projekt sehr gross geschrieben, zumal hier mit grossen Drücken, Wasserstoff und im Hochvolt-Umfeld gearbeitet wird. Deshalb wird das Team durch zertifizierte Schulungen, strenge Sicherheitsprotokolle und umfassende Schutzmassnahmen begleitet.
Gala-Event «Buochs-Locarno „Last Minute Boarding“: Nach einer einleitenden Laser-Show stellten drei der Fokus-Studenten vor allem das aktuelle H2-Team bei der Präsentation in den Vordergrund. Dabei fiel auf, wie motiviert, zielstrebig und hundertprozentig fokussiert die jungen Menschen im Projekt zusammenarbeiten. Sie müssen dabei nicht nur hochstehende, technische Herausforderungen meistern, sondern auch mit den zwischenmenschlichen Beziehungen im Team umgehen können und die Kontakte mit Gönnern, Sponsoren, Zulieferer und Behörden pflegen, die die Projekte unter anderem auch in finanzieller Balance halten. Diese Fokus-Projekte sind viel mehr als technische Visionen, sie sind eine Art Lebensschule, die den jungen Leuten eine Basis für ein erfolgreiches späteres Berufsleben bilden. Es ist eine beeindruckende, kommunikative und innovative Truppe, die Unterstützung verdient hat! Fotoreport Thomas P. Hofer
- Viel Interesse: Sponsoren, Gönner, Familien unterstützen das Fokus-Team. Foto Thomas P. Hofer
- Das Kit der Sling HW wird in Hangar 3 aufgebaut. Foto Thomas P. Hofer
- Innovation in der Eventhalle des Innovationspark Dübendorf… Foto Thomas P. Hofer
- Andres Neff, Technical Lead Fokus-Team, erläutert kurz das Herzstück, die H2-Brennstoffzelle. Foto Thomas P. Hofer
- Das aktuelle Sling H2-Team. Foto Thomas P. Hofer
- Innovation begeistert… Foto Thomas P. Hofer
- Sling HW im Aufbau. Die schon endgültige Bemalung (durch Pilatus ausgeführt) wird mit blauer Folie geschützt. Rechts das Seitenleitwerk. Foto Thomas P. Hofer
- Aufhängung des Flügeluntertanks. Foto Thomas P. Hofer
- Oben die Verkleidung der H2-Flügeluntertanks aus Verbundsstoff. Foto Thomas P. Hofer
- Cockpit-Sektion. Foto Thomas P. Hofer
- Noch viel zu tun… Kit der Sling HW (High Wing). Foto Thomas P. Hofer
- Erstes Cellsius-Projekt: die e-Sling. Foto Thomas P. Hofer