Ju-Air ohne AOC – nur noch Mitglieder fliegen

Das BAZL entzieht der Ju-Air das Air Operator Certificate (AOC), also die Bewilligung für kommerzielle Passagierflüge. In Zukunft dürfen somit ausschliesslich Mitglieder des Vereins der Freunde der Schweizerischen Luftwaffe (VFL) mit den Ju-52 fliegen. Ob die Ju-Air aber Ende Mai, – wie von ihr erhofft – wieder starten kann, scheint fraglich.

Bereits seit einigen Jahren hat die Dübendorfer Ju-Air die Regel angewandt, wonach alle Passagiere 30 Tage vor dem Flug Mitglieder des VFL sein müssen. Sie hat nur wenige rein kommerzielle Flüge – insbesondere im Ausland – durchgeführt, für welche ein AOC notwendig waren. Wie die Ju-Air am 12. März mitteilt, möchte sie entgegen den ursprünglichen Angaben, den Flugbetrieb 2019 nicht mit der CASA-Ju-52 HB-HOY aufnehmen, sondern mit der HB-HOS.

Die Ju-Air führt derzeit an der HB-HOS eine Generalüberholung durch. Mit neuen, hochauflösenden Boroskopkameras konnten die Flügelholme und auch kleinste Hohlräume in Flügeln, Leitwerken und Rumpf ausgeleuchtet und untersucht werden. Ein auf Materialprüfung spezialisiertes Institut hat zudem sämtliche Verbindungspunkte innerhalb der Flügel durchleuchtet. Dieses auf Röntgenstrahlen basierende Verfahren ist für die Ju-52 neu und musste zuerst eingehend getestet und kalibriert werden. Die Untersuchungen dauern gemäss Ju-Air deshalb länger als ursprünglich vorgesehen. Bis zur Wiederaufnahme des Flugbetriebs wird die HB-HOS eine neue elektrische Verkabelung, ein überarbeitetes Cockpit, ein erneuertes Treibstoffsystem und eine neue Kabine erhalten. 2020 werde sie dann in ihre Baugruppen zerlegt und die Flügel würden bei einem Spezialunternehmen generalüberholt.

Bei der Schwestermaschine HB-HOP wird dieses Procedere bereits in diesem Sommer durchgeführt (siehe auch SkyNews.ch 01/2019). Sie war schon im vergangenen November demontiert worden. Bis in einem Jahr soll sie wieder einsatztauglich sein und den Flugbetrieb 2020 sicherstellen. Die zehn Jahre jüngere HB-HOY, der Casa-Lizenzbau von 1949, bleibt bis auf weiteres in Mönchengladbach ausgestellt und wird vorerst nicht geflogen. Vertragliche Vereinbarungen liessen einen Abzug der jüngsten Maschine der Ju-Air im Moment nicht zu, teilt diese weiter mit. Sobald die HB-HOY in die Schweiz geholt werden könne, werde auch sie generalüberholt.

Ob diese Massnahmen aber ausreichen, damit die Ju-52 diesen Sommer wieder abheben kann, scheint höchst fraglich. Wie BAZL-Sprecher Urs Holderegger auf Anfrage erklärte, werde die Aufsichtsbehörde den Unterhaltsbetrieb der Ju-Air genauestens untersuchen und auch die im SUST-Zwischenbericht erwähnten Mängel unter die Lupe nehmen. Ziel sei es nicht, möglichst schnell eine Ju-52 wieder für den Flugbetrieb zuzulassen, sondern einen sicheren Betrieb für die nächsten 20 Jahre zu ermöglichen.

Die Aufsichtsbehörde teilt weiter mit, dass bei den Ju-52 erschwerend hinzukomme, dass es keinen Hersteller mehr gebe, der für die Aufrechterhaltung der Lufttüchtigkeit verantwortlich sei. Das BAZL sei, wie andere nationalen Aufsichtsbehörden, schon aus Ressourcengründen nicht in der Lage, diese Aufgabe zu übernehmen. Die privaten Betreiber von grossen Oldtimerflugzeugen müssten sich daher entweder selbst dieses Fachwissen aneignen oder diese Aufgabe an einen externen Betrieb delegieren. Diese Herausforderung könne Ju-Air meistern, erwähnt ihr Sprecher Christian Gartmann. Allerdings müsste sie vom BAZL erfahren, welche genauen Auflagen erlassen werden.

Wie das BAZL weiter mitteilt, wird Mitte 2019 die europäische Gesetzgebung für Oldtimer ändern und einen kommerziellen Betrieb nicht mehr zulassen. Doch die meisten Oldtimer wurden in Europa bereits bisher im Rahmen von Vereinslösungen betrieben. Das BAZL wird aber einen Unterschied bei der Aufsicht von grossen Oldtimerflugzeugen machen, die mehrere Passagiere transportieren können (also Ju-52, Super Connie, DC-3) und den einmotorigen Oldies wie etwa die Bücker-Doppeldecker. Die kleinen Oldtimer unterliegen somit nicht denselben Auflagen wie die grösseren.                               Hansjörg Bürgi

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