Swiss kündigt GAV der Piloten

06. Februar 2021: Mit Edelweiss hat es geklappt, mit Swiss nicht: Man habe die Verhandlungen mit dem Pilotenverband Aeropers über temporäre Krisenmassnahmen zur Bewältigung der Corona Pandemie ohne Ergebnis beendet, teilt Swiss heute mit. Der Pilotenverband sei nicht zu ausreichenden Zugeständnissen während der Krisenjahre bereit gewesen. Deshalb hat Swiss den Gesamtarbeitsvertrag (GAV) ordentlich per 31. März 2022 gekündigt und bietet Hand für neue Verhandlungen. Die Swiss-Schwester-Airline Edelweiss hat am 22. Januar mit Aeropers einen „Corona-GAV“ abgeschlossen.

Swiss International Air Lines wurde wie die gesamte Luftfahrtbranche schwer von der Corona-Pandemie getroffen. In den ersten neun Monaten des Jahres 2020 belief sich der operative Verlust auf über 400 Millionen Franken, zudem reduzierte sich die Zahl der Passagiere im gleichen Zeitraum um rund 70 Prozent, teilt Swiss mit. Hinzu komme, dass Swiss den durch den Bund verbürgten Bankenkredit von bis zu 1,5 Milliarden Franken sobald wie möglich zurückzuzahlen plane. Entsprechend hat sich die Airline ein striktes Kostensparprogramm auferlegt. Substantielle Kostenersparnisse in sämtlichen Unternehmensbereichen seien unumgänglich, heisst es weiter. Vor diesem Hintergrund wurden mit den Sozialpartnern der Boden- und Kabinenmitarbeitenden mehrjährige Krisenvereinbarungen abgeschlossen.

Auch mit dem Pilotenverband Aeropers hatte Swiss im August 2020 Verhandlungen initiiert. In den nächsten Jahren besteht bei Swiss aufgrund der Reduktion der Flugbewegungen ein signifikanter Überbestand an Pilotinnen und Piloten. Ziel der Verhandlungen war es, einen neuen krisentauglichen und zukunftsfähigen GAV für die kommenden, schwierigen Jahre zu verhandeln. Dieser soll den laufenden GAV von 2018 ablösen, der sich weder zur Bewältigung der Corona-Krise noch zum Wiederaufbau der Unternehmung in einer unsicheren und volatilen Zukunft eigne, so Swiss weiter. Aeropers sei jedoch lediglich zu einer Verhandlung über temporäre Krisenmassnahmen bei Erhalt des laufenden GAVs bereit gewesen, schreibt Swiss weiter. Unter der klar formulierten Bedingung, dass der Pilotenverband signifikante Krisenbeiträge und eine erweiterte Handlungsfähigkeit zusage, sei Swiss bereit über temporäre Massnahmen zu verhandeln, so die  Airline in ihrer Mitteilung.

Nach mehreren Monaten intensiver Verhandlungen stelle Swiss mit Bedauern fest, dass Aeropers nicht bereit sei, dieser Krise angemessene Beiträge zuzusichern. «Ohne substantielle Beiträge und erweiterte Handlungsmöglichkeiten während der Corona-Krise ist es aus unserer Sicht unternehmerisch nicht zu verantworten, den aktuellen Gesamtarbeitsvertrag beizubehalten», wird Thomas Frick, Chief Operating Officer von Swiss in der Medienmitteilung zitiert. Swiss bleibt folglich bei ihrer ursprünglichen Forderung, einen neuen Gesamtarbeitsvertrag für das Cockpitpersonal zu verhandeln. Vor diesem Hintergrund hat die Airline den laufenden GAV per 31. März 2022 als erstmöglichen Termin ordentlich gekündigt und lädt Aeropers ein, zeitnah in Verhandlungen über einen neuen Gesamtarbeitsvertrag zu treten. «Wir bekennen uns zur Sozialpartnerschaft und sind überzeugt, gemeinsam mit Aeropers einen neuen krisentauglichen und zukunftsfähigen Gesamtarbeitsvertrag für Pilotinnen und Piloten abschliessen zu können, der insbesondere auch Ansprüchen an moderne Arbeitszeitmodelle gerecht wird», so Frick weiter.

Wie die Aeropers mitteilte ist sie  sich bewusst, dass die Corona-Krise die Airlines vor immense Herausforderungen stellt. Gerade deswegen sind aus Sicht des Pilotenverbandes aber gemeinsame Lösungen für die Bewältigung der Krise gefordert. Der Abbruch der Verhandlungen und die Kündigung des GAV 2018 betrachtet der Aeropers-Vorstand als traurigen Tiefpunkt der Sozialpartnerschaft und bedenkliches Zeichen der Firma gegenüber den Piloten.

«In den nun durch die Geschäftsleitung der Swiss abgebrochenen Verhandlungen zu einem temporären Massnahmenpaket zur Bewältigung der Corona-Krise haben wir aufgezeigt, dass wir trotz GAV, der auch nach der jetzigen Kündigung noch mehr als 13 Monate weiterläuft, zu sofortigen Massnahmen zugunsten der Swiss bereit sind», erklärt Kilian Kraus, der Präsident des Pilotenverbandes. «Die aktuelle Krise erfordert von allen Zugeständnisse und die Piloten haben ein grosses Interesse, dass die Swiss erfolgreich durch diese Krise kommt. Trotzdem müssen die getroffenen Massnahmen verhältnismässig und nachvollziehbar sein, denn auch während der Krise sollen die Arbeitsbedingungen es den Piloten erlauben, ihre Passagiere sicher und zuverlässig ans Ziel zu bringen“, fährt er in der Medienmitteilung fort.

Seit dem Beginn der Corona-Krise haben der Pilotenverband und die Swiss und schon zwei Vereinbarungen zur Bewältigung der schwierigen Situation miteinander abgeschlossen. Direkt zu Beginn der Pandemie wurde ein Sofortmassnahmenpaket geschnürt, im Mai 2020 konnte dann eine Vereinbarung über die Kurzarbeit gefunden werden, welche von den Mitgliedern, trotz grossem Verzicht, mit einer überwältigenden Mehrheit angenommen wurde. Seit September 2020 wurde nun über ein weiteres, temporäres Massnahmenpaket zur Bewältigung der Corona-Krise verhandelt, welches ein substanziell weitreichendes Angebot des Verbandes mit Einsparungen von bis zu 20 Lohnprozenten, die Möglichkeit zu Mehrarbeit und vielen Flexibilisierungen beinhaltet hat. Insgesamt wären Einsparungen beim Cockpit-Personal von 130 Millionen Franken möglich gewesen, teilt die Aeropers weiter mit.

«Nachdem wir mit der Edelweiss Air AG bereits im Januar eine Einigung über temporäre Anpassungen des dort gültigen Gesamtarbeitsvertrages erzielen konnten, waren wir guten Mutes, auch in den Verhandlungen mit Swiss zu einem positiven Resultat zu kommen», sagt Kilian Kraus. «Wir sind uns bewusst, dass die Corona-Krise die Airlines vor immense Herausforderungen stellt. Gerade deswegen sind aus Sicht des Pilotenverbands aber gemeinsame Lösungen für die Bewältigung der Krise gefordert», äussert sich Kraus enttäuscht und fährt fort: «Die Swiss hat sich in den Kreditverträgen dazu verpflichtet, sozialpartnerschaftlich Lösungen für Beiträge des Personals zu finden. Stattdessen nimmt sie ihren Mitarbeitern jegliche langfristigen Zukunftsperspektiven und senkt die Bereitschaft für gröbere Einschnitte in den kommenden Monaten massgeblich.»  hjb