Kopter wird an Leonardo verkauft
28. Februar 2019: Es ist die Breaking-News-Meldung der aktuell in den USA stattfindenden Heli-Expo: Der italienisch dominierte Leonardo-Konzern übernimmt den Schweizer Helikopter-Hersteller Kopter und zwar zu 100 Prozent. Informationen und eine Einschätzung zum nicht ganz unerwarteten Deal:
Leonardo habe einen Vertrag mit Lynwood (Schweiz) AG unterzeichnet, um 100 Prozent der Kopter Group AG zu übernehmen – dies meldete Leonardo am 28. Januar. Die Transaktion soll bereits im 1. Quartal 2020 vollzogen werden. Diese Übernahme ersetze bei Leonardo die geplanten Investments in einen neuen, einmotorigen Helikopter. Innerhalb der „Helicopter Division“ von Leonardo werde Kopter als autonome rechtliche Einheit geführt und in Koordination mit dem Mutterhaus als Kompetenzzentrum agieren.
Als Kaufpreis gibt Leonardo die Summe von 185 Millionen US-Dollar an, dazu kommt eine erfolgsabhängige Komponente, die vom Erreichen bestimmter Meilensteine nach 2022 abhängig ist.
Ganz überraschend kommt die Übernahme von Kopter nicht. Das als Marenco Swisshelicopter gestartete Unternehmen hat Erstaunliches erreicht, musste das Ziel, nämlich einen modernen Mehrzweck-Turbinenhelikopter auf den Weltmarkt zu bringen, aber immer wieder nach hinten verschieben. Auch in den letzten Tagen ist das Kopter-Management nicht müde geworden, die Fortschritte bei der Entwicklung des 2,5-Tonnen-Helis SH09 hervorzuheben. Dass der dritte Prototyp nun zum Beispiel mit einer neuen Hauptrotorkonfiguration, einem überarbeiteten Heckrotor und modifiziertem Hauptgetriebe fliege, mag als Erfolgsmeldung gelten, zeigt aber auch, dass der neue Helikopter noch ein gutes Stück von der notwendigen Zertifizierung entfernt ist.
Wie Leonardo betont, passt der SH09 perfekt in die bestehende Produktpalette von Leonardo Helicopters. Leonardo ist bei den zweimotorigen Helikoptern stark, baut mit dem AW109 einen erfolgreichen Rettungs- und VIP-Helikopter und ist im Segment der mittleren bis schweren Helikopter mit AW169, AW139, AW149 und AW189 sehr gut aufgestellt. Die einmotorigen Helikopter im Portfolio, der AW119KX (Koala) und der leichte SW-4 (von der polnischen PZL Swidnik übernommen), stehen kaum in Konkurrenz zum Kopter SH09.
Mit dem Verkauf von Kopter an Leonardo nimmt ein Stück Schweizer Industriegeschichte eine neue Wendung. Gut möglich, dass es keine schlechte Wendung ist. Während Kopter in den letzten Jahren damit kämpfte, das SH09-Programm erfolgreich in Richtung Zertifizierung zu bringen, wird der etablierte Leonardo-Konzern dieses Vorhaben wohl beschleunigen können. Abzuwarten bleibt, wie weit Kopter an den Schweizer Standorten – insbesondere Wetzikon, Mollis und Näfels – weiterarbeiten kann oder ob gewisse Bereiche ausgelagert werden. Sicher ist, dass der SH09 – wenn er die Zertifizierung erreicht – vom weltweiten Support-Netzwerk von Leonardo profitieren wird. Wahrscheinlich sind die Chancen mit dieser Übernahme gestiegen, dass der SH09 tatsächlich eine neue Grösse in der Helikopterindustrie wird. Eugen Bürgler

Der Erstflug des Kopter SH09 P3 in Mollis hat am 22. November 2018 stattgefunden und dauerte 40 Minuten. Foto Bruno Siegfried

Der dritte SH09-Prototyp wurde für die weitere Flugerprobung nach Sizilien transportiert. Foto Bruno Siegfried

Der SH09-Prototyp HB-ZXC bei seinem Erstflug am 22. Oktober 2018 in Mollis. Foto Bruno Siegfried